slogan_bot-b
Leiste-H-01
IBC-Wahl-Logo-16-10cklein

Pulverfass Ukraine

Betrachtung der Hintergründe

HFB-14-03-03


Die Ukraine vor der Auflösung? Putin besetzt die Krim! Die Ereignisse der vergangenen Tage überschlagen sich. Das mit drei EU-Außenministern ausgehandelte Abkommen wird von der neuen Regierung nicht umgesetzt. Wichtige Teile der Verträge treten nicht in Kraft. Rechte Straßenkämpfer bewachen das Parlamentsgebäude. Das Land spaltet sich, anstatt sich -wie vertraglich vereinbart- zu einen. Inzwischen scheint sich ein neuer Weltkonflikt anzubahnen, nachdem viel „Öl ins Feuer gegossen“ wurde. Alles fängt klein an! Mit einem Funken! Dann der Knall! Der westliche Einfluss wäre mit schuldig daran.

 

Marionetten der Ost-West-Interessen

Mit den Geschehnissen in der Ukraine eng verbunden sind die Namen von Julija Tymoschenko, der „Gas-Prinzessin“ von Kiew und bis 2010 Ministerpräsidentin der Ukraine, vom Deutschlandfreund und Profiboxer Vitali Klitschko, der den Boxring demnächst als neuer Präsident der Ukraine besteigen möchte, von Viktor Janukowitsch, der abgesetzte Präsident, der nun im russischen Exil lautstarke Presseerklärungen abgibt, so wie vom neuen ukrainischen Regierungschef Arsenij Jazenjuk, der als guter Geist der Opposition deklariert den Übergang zur nächsten Regierung gestalten müsste.

Zu nennen bleibt die „Aktionsgruppe des nationalen Widerstands“, in der sich drei Oppositionsparteien zusammengeschlossen haben. Neben dem Parteivorsitzenden der UDAR (“Ukrainian Democratic Alliance for Reforms”), Vitali Klitschko und dem Ex-Außenminister und neuer Regierungschef, Arsini Jazenjuk, ist der Rechtpopulist Oleg Tyagnybok zu erwähnen, der nun wahrlich kein Freund der Europäischen Union sein kann. Seine Tyagnoybok-Partei, Swoboda, fordert die Beachtung der "ethnische Zugehörigkeit", die im Personalausweis der ukrainischen Bewohner vermerkt werden solle. Außerdem offeriert Swoboda, dass ethnische Quoten bei der Besetzung von Stellen in Politik, Verwaltung und Wirtschaft zu berücksichtigen seien. Böse Erinnerungen werden wach!

 

Die „Gas-Prinzessin“ von Kiew

Eine der bizarrsten Gestalten beim Politpoker in der Ukraine ist Julija Wolodymyriwna Tymoschenko, der bis 2010 amtierenden Ministerpräsidentin. Ab August 2011 musste sie eine Haftstrafe wegen Amtsmissbrauchs antreten. Die Verurteilung Tymoschenkos wurde in den westlichen Medien als Unrecht bezeichnet. Selbst der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) rügte Verfahrensfehler der ukrainischen Justiz. Im Kern aber konnte der Gerichtshof die Schuld Tymoschenkos nicht widerlegen.  Doch bei genauerem Hinsehen fällt auf, dass Tymoschenko ein großes Vermögen angesammelt hat. Sie gehört zu den Oligarchen der Ukraine, die mittlerweile ihr „Erspartes“ in Sicherheit gebracht hat. Nach ihrer Haftentlassung am 22. Februar 2014 sprach sie auf dem Maidan zu den Protestlern.

Sie konnte die vielen Menschen nur unzureichend überzeugen, da sie nicht wirklich als ukrainisches Justizopfer gilt. Wie also ihre weitere politische Karriere aussehen wird, kann heute noch nicht vorausgesehen werden. Als lautstarke Befürworterin der EU-Erweiterung wird sie sich möglicherweise nicht weiter behaupten können. Die westliche Staatengemeinschaft muss sich nach einer andern Leitfigur umsehen. Für die von Deutschland und von der EU nachfolgend instrumentalisierte Ersatzmarionette Vitali Klitschko könnte es eng werden, zumal auch die Amerikaner diese zwischenzeitlich mit dem Kommentar "Fuck the EU" abgeschrieben haben. 

 

Die Rolle der Brandstifter

Was also veranlasst deutsche Politik und Medien, solche Parteien wie Swoboda als Oppositionspartei der guten Absichten dahin zu stellen, die Klitschko-Partei, UDAR, die mit Hilfe der Konrad-Adenauer-Stiftung ins Leben gerufen wurde, zu huldigen, aber dem Duo Putin und Janukowitsch einen destruktiven politischen Stil vorzuwerfen?

Wer meint, die Proteste auf dem Maidan seien allein aus dem Willen der Bevölkerung erwachsen, der irrt. Die westliche Einflussnahme auf die ukrainische Politik ist immens. Entscheidungen über Personalstrukturen sind von langer Hand vorbereitet worden. Und das mit Unterstützung westlicher Politgrößen, so wie westlicher NGOs.

Angeheizt werden die Protagonisten von der „guten“ Europäischen Union und dem „bösen“ Wladimir Putin, dem russischen Präsidenten. Bei der Einflussnahme in die ukrainische Politik aber fällt den USA die eigentliche Schlüsselrolle zu. Zur Wahl der ukrainischen Präsidenten Wiktor Andrijowytsch Juschtschenkos im Jahr 2005 war die Studentenorganisation PORA auf dem Unabhängigkeitsplatz anwesend. Diese wurde –wie auch in Georgien 2003- von Serbischen Studenten der Bewegung Otpor beraten, die im Jahr 2000 den Sturz des serbischen Präsidenten Slobodan Milošević bewirkt hatten. Die Bewegung Optor zeichnet sich außerdem durch Erfolge bei dem Sturz der Regierungen in Georgien und Weissrussland aus. Finanziert wurde die Hilfe von Optor durch amerikanische Mittel der Soros-Stiftung von USAD und der NGO Freedom-House.

Russland aber unterstützte Viktor Janukowitsch, der im Jahr 2010 als Präsidentschaftskandidat schließlich gegen Amtsinhaber Wiktor Andrijowytsch Juschtschenko siegte. Eine bittere Niederlage für die USA. Es dürfte klar sein, dass sowohl westliche und als russische Politiker nun wirklich keine Vermittlerrolle einnehmen können. Eingefordert wird –wie soll es auch anders sein- immer wieder die gute alte Demokratie. Ein Begriff, der für alles herhalten muss, nur um Recht behalten zu können. Ein Vermittlungsangebot wäre heuchlerisch, ist aber passiert! Zu groß sind die Eigeninteressen. Das gilt auch für deutsche Politiker. „Die Demokratie droht am Ende an der Heuchelei ihrer Prediger zu ersticken“ (vgl. Peter Soll-Latour, Der Weg in den neuen kalten Krieg, S. 200).

 

Es wird enger um Russland

Noch vor der offiziellen Auflösung der Sowjetunion am 26. Dezember 1991 durch den Obersten Sowjet hatten sich zunächst Litauen, Georgien, Estland, Lettland, Weißrussland, Moldawien, Kirgistan, Usbekistan, Tadschikistan, Armenien, Aserbaidschan, Turkmenistan, Kasachstan und auch die Ukraine formal ihre Souveränität, nicht aber ihre Unabhängigkeit, erklärt.

1997 kam es zu auf dem NATO-Gipfel in Madrid zu Beitrittsverhandlungen mit Polen, Tschechien und Ungarn. Der NATO-Beitritt wurde am 29. März 2004 vollzogen. Später kamen Bulgarien, Estland, Lettland, Litauen, Rumänien, die Slowakei, Slowenien, Kroatien und Albanien dazu. Der Wunsch von Georgien und der Ukraine, der NATO beizutreten, konnte nicht in Erfüllung gehen. Beitrittsverhandlungen wurden von den westeuropäischen NATO-Staaten mit Rücksicht auf die Interessen Russlands abgelehnt. Die westlichen Bündnisstatten gingen auch davon aus, dass die Mehrheit der Ukrainer einen NATO-Beitritt ablehnen würde.

Doch durch die NATO-Osterweiterung ist es enger um Russland geworden. Russland sieht sich vom westlichen Einfluss eingekreist, gar umzingelt. Es ist zu verstehen, dass eine Erweiterung des westlichen Einflussgebietes für die Russen nicht mehr tolerierbar sein kann. Mit den jüngsten Ereignissen in der Ukraine scheint die Rote Linie überschritten zu sein. Nach Georgien ein zweites Mal.

Wladimir Putin sieht sich gezwungen, militärische Mittel einzusetzen. Schon haben russische Soldaten die die Krim besetzt. Die Reaktion erinnert an Georgien im Jahr 2008, dem Kaukasuskrieg, dem mehr als 850 Menschen zum Opfer fielen. Zu diesem Konflikt kam es, als –ähnlich wie neuerdings in der Ukraine- Unabhängigkeitsbestrebungen Georgiens bedrohliche Ausmaße annahmen. In Südossetien und Abchasien unterstützte Russland die Bevölkerung finanziell, militärisch und personell. Russlands Absicht war es, nicht nur das „Nahe Ausland“ von westlichen Fremdeinflüssen fernzuhalten, sondern auch die russischsprachigen Minderheiten in Georgien schützen zu wollen.

Es ist mit hoher Wahrscheinlichkeit anzunehmen, dass der Konfliktverlauf in der Ukraine dem in Georgien sehr ähnlich sein wird. Verlierer würde die Bevölkerung sein. Die Folgen wären Armut und Verelendung. Nachfolgend kann sich auch kein Land Hilfe durch einen EU-Beitritt versprechen. Das ist vielen Ukrainern aufgrund der schlechten Nachrichten aus Spanien, Portugal oder Griechenland bekannt. Wie es weitergeht mit der Ukraine, werden die nächsten Tage zeigen.

 

Die EU drängt nach Osten

Die NATO-Mitgliedschaft ist eine Pflicht. Erst dann wird die Europäische Staatengemeinschaft über den EU-Beitritt eines Bewerberlandes befinden können. Von einem EU-Beitritt ist die Ukraine aber noch weit entfernt. Doch insgeheim setzt die EU ihre Undercover-Diplomatie fort und man nimmt Konflikte mit Russland billigend in Kauf. Allen voran Deutschland. Das aber sollte zumindest den Sozialdemokraten in der jetzigen Regierung zu denken geben.

Vielleicht haben sie es bereits vergessen, dass Willy Brandt durch seinen Kniefall am 7. Dezember 1970 in Warschau den Grundstein für die Beendigung des kalten Krieges gelegt hat. Ohne diese Geste hätte auch Helmut Kohl niemals seine Rolle als „CDU-Kanzler der Einheit“ einnehmen können.

Ebenfalls vergessen schein die Cuba-Krise aus dem Jahr 1962, als die Sowjetunion vor der Haustüre der Vereinigten Staaten von Amerika Mittelstreckenraketen aufgestellt hatten. Die Welt stand kurz vor einem Atomkrieg, weil sich die USA von der Nachbarinsel Cuba bedroht fühlten.

Doch diese Art des Gefühls dürfen die Russen nicht zeigen, wenn grenznahe Länder vom Bündnispartner NATO umworben werden oder wenn einen Raketenschirm in Polen gegen Osten gerichtet aufgestellt werden soll. Der Westen misst mit zweierlei Maß, von der Presse unterstützt.

Es scheint, als verspielte die jetzige Große Koalition in Berlin das einzigartige Erbe von Willy Brandt (SPD) und Helmut Kohl (CDU) und gefährdeten damit den Frieden. Das letzte ist aber bereits eingetreten. Die Misstöne gegenüber Russland werden lauter. Die Berichte der deutschen Presse verkünden nichts Gutes über Putin. Nach einseitigen Medienberichten scheint Putin der Achse des Bösen verfallen zu sein. Aus der Geschichte haben die heutigen Politgrößen nun wahrlich nichts gelernt. Heute entwickelt sich auf der Krim bereits eine militärische Option, die sich in den nächsten Tagen konkretisieren wird.

Exportweltmeister Deutschland versucht neue Handelsgebiete zu erschließen. Eine Mitgliedschaft der Ukraine käme ihr sehr gelegen. Dort gibt es gut ausgebildete Menschen. Als Arbeitnehmer mit bescheideneren Lohnansprüchen wären die Ukrainer in Deutschland willkommen. Deutschland könnte seine Wettbewerbskraft noch weiter steigern. Auf Kosten der Löhne und der einhergehenden Schwächung der Wirtschaft in den übrigen EU-Staaten. Anstatt gleichermaßen über die vielen Massenprototeste in den Länder Spanien, Portugal oder gar Griechenland zu berichten, beschränkte sich die Presse in den vergangenen Tagen auf die gezielte Berichterstattung über die Menschenansammlungen auf dem Maidan. Die verantwortlichen Politiker der Schwarz-Roten Koalition in Deutschland scheinen wohl nicht zu ahnen, welchen mörderischen Konflikt sie anschieben. Sie steuern auf einen neuen kalten Krieg zu, der auch anders verlaufen könnte als der vergangene.

Für die EU scheint die Zeit knapp zu werden. Wladimir Putin forciert die fortschrittliche Entwicklung der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (GUS). Russland, Weißrussland, Moldawien, Kasachstan, Kirgistan, Usbekistan, Tadschikistan, Turkmenistan, Aserbaidschan, Armenien und auch die Ukraine stehen nunmehr als Gemeinschaft Unabhängiger Staaten in Konkurrenz zur EU. Doch die Allianz bröckelte. 2005 trat Turkmenistan aus dem Verbund aus; 2009 folgte Georgien.

Das eigentlich verbindliche Freihandelsabkommen der GUS wurde erst 2011 unterzeichnet. Die Zukunft scheint erfolgversprechend. Störversuche der EU sind unerwünscht und werden zu weiteren Spannungen führen. Die drei Baltischen Republiken Estland, Lettland und Litauen sind inzwischen Mitglied der Europäischen Union.

 

Deutschland strotzt vor Kraft

Lautstarke Unterstützung der NATO sichert das EU-Dominante-Deutschland zu. Mit dem Engagement in der Nato soll es demnächst richtig losgehen: Deutschland käme als sehr bedeutendes Land nicht darum herum, sich als NATO-Mitglied in der Welt militärisch mehr zu engagieren, so die neue Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen.

Die Bundeswehr hat noch nicht einmal das verlorene Kriegsgebiet Afghanistan, in dem sich die Russen 10 Jahre militärisch die Zähne ohne Erfolg ausgebissen hatten, verlassen, schon werden neue Muskelspiele inszeniert. Und das in Zentralafrika und demnächst auch in Somalia, in einem afrikanischen Land, in dem die Amerikaner vor Jahren kläglich gescheitert sind.

Afrika-Beyern-14-01

Vor 1990 noch undenkbar: Der deutsche Zerstörer Bayern im Indischen Ozean vor der Küste Ostafrikas, südlich von Somalia!  Bild Bergmann

Das Signal, sich in der NATO deutlicher positionieren zu wollen, birgt aber auch die Gefahr, dass sich NATO-Befürworter Deutschland nicht nur in die Zeit eines Kalten Krieges zurückversetzt, sondern sich militärisch einbringen müsste. Der Eiskalte Krieg wäre unvermeidbar, wenn eine direkte militärische Auseinandersetzung mit Russland stattfände. Das wäre der Gau, der dritte Weltkrieg. Doch die brennende Lunte wird weiterhin unachtsam an das Pulverfass gehalten. Das sollte allen Bürgern in allen Ländern Sorgen bereiten.

 

Und die Zukunft?

Was eigentlich treibt die europäische Politik im neuen Jahrtausend dazu, das Rad der Kolonialansprüche und des kalten Krieges wieder in Schwung zu bringen?

In der EU gibt es Probleme genug. Es wäre zunächst vor der eigenen Haustüre zu kehren, bevor man sich auf mögliche Defizite ferner Länder konzentrierte. Ist es nicht pure Heuchelei, einen nicht legalisierten europäischen Anspruch auf die Ukraine durchsetzen zu wollen, indem billigend in Kauf genommen wird, dass die politischen Spannungen wachsen werden? 

Eine vernünftige Antwort auf all diese Fragen kann es nicht geben! Die Zukunft kann nur Sicherheit garantieren, wenn keine weiteren Konflikte heraufbeschworen werden. Hier sollte Deutschland nun endlich umdenken. Deutschland sollte als Vordenker-Nation gute Alternativen entwickeln. Doch für ein wirklich deeskalierendes Engagement scheint die hiesige Politik noch nicht bereit zu sein. Es fehlt ihr womöglich an einer autonomen Grundhaltung. Das beweist die armselige Entwicklung beim No-Spy-Abkommen.

Die USA bleiben stur. No confidence! No agreement! Dabei bleibt es. Basta! Gut so? Aber das ist ein anderes Thema