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Rote Socken Kampagne?

 

„Bar jeglicher Qualifikation“

 

Wahlkampf an der Heimatfront?

 

HFB-20-05-18

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Müssen Politikerinnen und Politiker überhaupt noch etwas können? Das fragen sich immer mehr Bundesbürger bei dem, was sie jeden Tag aus der Bundeshauptstadt Berlin oder kommunalen Räten mitbekommen. Angeprangert wird u.a. das Karrierestreben in den Parteien.

 

„Zu viele (…) abgebrochene Studenten und Leute mit schwieriger Berufswahl kämpfen um Posten, die gutes Gehalt, Mitarbeiter, Büros und Prestige versprachen. Es ging immer weniger darum, was man mit einem Amt erreichen wollte- es ging darum, dass man es bekam“, so die ehemalige Kieler Bürgermeisterin Susanne Gaschke. (1) Bezüglich des Bildungsniveaus der Politik sieht Gabor Steingart bereit Alarmstufe rot: „Die deutsche Bildungsmisere hat sich bis in die Spritze des Parteienstaates durchgefressen“. (2) Wenn es denn so sein soll, dass Politiker im Grunde „nur sehr wenige oder gar keine Kenntnisse“ (3) vorweisen müssen, dann wird es nur von Vorteil sein, sich gut verkaufen zu können.

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(5)

Nun wird gegen Högl gewettert, was das Zeug hält. Mit einem Kommentar von Klaus-Peter Lammert (4), der nunmehr gewohntermaßen die konservative Klientel einer Kreisstadt mit fast 37.000 Einwohnern bedient. Mehr als 25% der Einwohner sind zugezogen. Viele davon Russlanddeutsche oder Menschen mit Migrationshintergrund. Ein Kommentar in einer Lokalzeitung in monolithisch heimatlicher Ausrichtung. Unklar allerdings, ob diese sich nicht ausschließlich an den Ureinwohnern orientiert. Nicht selten begleitet von verbalen Holzhacker-Attacken, wodurch die latenten Gefahren des vermeintlich Fremden vom vermeintlich schützenswerten Geist des Heimatgefühls feinsinnig abgegrenzt werden.

Ein Lammert-Kommentar auf diesem Niveau ist ein Schuss, der nur nach hinten losgehen konnte. Genau das dokumentieren viele kritische Leserreaktionen. Kritisiert die massive Wahlwerbung durch Negativselektion. Von langer Hand vorbereitet in Zusammenarbeit mit seinem „Redaktionskumpel“ Berg, der der Kanzlerin Merkel (CDU) ein vorbildliches Gesundheitswesen zuschreibt mit dem Hinweis „Es ist schön, dass sie noch amtiert, die Kanzlerin“. (6) Vergessen die Meinung der Deutschen von 2018, dass Angela Merkel als Kanzlerin gehen sollte. (7) Vergessen die fast 15.000 Petitions-Unterschriften für die Einrichtung einer Notfall-Neurologie im Cloppenburger Krankenhaus. (8)  Vergessen das marode Gesundheitswesen, für die letztendlich die Kanzlerin (CDU) die politische Hauptverantwortung trägt.

Zwar werden dem ehemaligen Wehrbeauftragten der Bundeswehr, Hans-Peter Bartels (SPD), gewisse Fähigkeiten zuerkannt. Doch das ist Geschichte. Damit kann er nun nicht mehr glänzen. Schon gar nicht im ultraschwarzen Schatten Merkels. Was vielmehr glänzt, ist die Perfidie des subtilen Vergleichs zwischen Merkel (Berg) und Högl (Lammert). Alternativlos das Mantra „(...) nur sehr wenig oder gar keine Kenntnisse (…)”! (9) Davon ist der Merkel-Hype weit entfernt. Zumindest was die (fast) alternativlose Meinung des Volkes betrifft. Doch dieser Hype ist nichts anderes als eine Fata Morgana. Verborgen bleiben die indizierten Urängste vieler Bürgerinnen und Bürger, die –trotz zunehmender Zweifel- sowohl ihr biologisches als auch wirtschaftliches Ãœberleben ernsthaft bedroht sehen. Als ehemalige Staatsbürgerin der Deutschen Demokratische Republik muss Merkel inmitten indizierter Urängste groß geworden sein. Dass sie „nur sehr wenig oder gar keine Kenntnisse“ darüber hat, wie diese auf Menschen wirken und wie diese sich induzieren lassen, ist undenkbar.

Urgeschichtlich wird dem Hype das Gegenteil von Angst zugeschrieben. Damit kann nur die Erlösung von dieser durch den Erlöser gemeint sein. “Erlöse uns von dem Bösen”! (10) Ein tief verwurzeltes Sinnbild der abendländisch christlichen Kultur. Wie schon beim Martin-Schulz-Hype, dem im Bundeswahlkampf 2017 sehnlichst erwarteten SPD-Erlöser, im Zeitalter einer angsteinflößenden konservativ zementierten Politik, könnte Merkels (CDU) steilem Aufstieg der steile Absturz unmittelbar folgen. Nämlich dann, wenn die aktuelle Coronakrise, und damit der Grund für die Urangst der Menschen, für beendet erklärt wird. Dorthin ist die Politik nunmehr auf dem besten Wege. Aufgrund der sich stetig ausweitenden Proteste und der wirtschaftlichen Dominanz im Lockdown der medizinischen Argumentation haben sich die Maxime verschoben. Nicht zufällig gegen den Willen, aber dennoch zugunsten Merkels. Nur diese Perfidie erklärt das konsequente Umdenken: Was schert der Politik das Geschwätz von gestern. (11)

Wenn man auf den Pfaden der verbalen Spaltungsorgien der Herren Berg und Lammert bleibt, so wäre die Liste derjenigen Politiker*innen, die die „Ämter in Bereichen übernehmen, in denen sie „nur wenig oder gar keine Kenntnisse haben“ konsequent fortzusetzen. Dann aber sollten neben Merkel (CDU) diejenigen nicht unerwähnt bleiben, die Herr Lammert als Redakteur einer konservativ orientierten Heimatzeitung niemals bloßstellen dürfte. Und je näher der Termin der Bundestagswahl rückt, desto mehr ist von einer perfiden Polarisierung nach dem Lammertschen Högl-Prinzip auszugehen.

Unerwähnt die Verluste durch die übereilt abgeschlossenen Beraterverträge des verantwortlichen Verkehrsministers Andreas Scheuer (CSU). Die Oppositionsparteien werfen dem Minister Geldverschwendung vor. Ein Schaden, für den am Ende alle Bürger*innen grade zu stehen haben. (12) Hat der amtierende Verkehrsminister „nur wenig oder gar keine Kenntnisse“ oder ist er einfach nur dreist, um eine Lobby zu bedienen, die ihm nach seiner Zeit als Politiker die Drehtür zur Wirtschaft mit lukrativen Verdiensten offenhält?

Unerwähnt die abenteuerlichen Einlassungen einer amtierenden Verteidigungsministerin namens Ursula von der Leyen (CDU). Nach desaströsem Versagen als Amtsträgerin in der Berateraffäre und die mutwillige Löschung aller dienstlicher Daten hierzu. (13) Nunmehr entsorgt als Präsidentin an der Spitze der Europäischen Kommission. Nicht vom Volk gewählt, sondern ernannt vom Etablissement, einer einflussreichen Machtelite ohne demokratische Legitimation. (14) Aufgrund einer skandalösen Entscheidung auf fragwürdiger Grundlage, wobei das demokratische Ansehen der Europäischen Union nicht tiefer hätte sinken können. (15) Nunmehr auch hier die Frage: Gehört sie, Ursula, zu denjenigen, die „nur wenig oder gar keine Kenntnisse haben“? Zur Klärung hilft kein Untersuchungsausschuss. Selbst im Fall Scheuer nicht! Es wird nichts bis gar nichts herauskommen bei den Endlosdebatten der Politik, was justitiable wäre. Die Aufklärung ist zum Scheitern verurteilt, weil staatsanwaltliche Ermittlungen von der Politik erst gar nicht zugelassen würden. Die zuständigen Kollegen wären in beiden Fällen weisungsgebunden. Gerechtigkeit im Staat und Unabhängigkeit der Justiz sehen anders aus.

Unerwähnt das Wegschauen von Silvia Breher bei Problemen, die das Oldenburger Münsterland prägen. Die prekäre Situation der Werksarbeiter war bisher kein nachhaltiges Thema, welches sie nach dem Vorbild von Prälat Peter Kossen gerade in der Coronakrise hätte aufgreifen können. (16) Keine öffentliche Reaktion zur Insolvenz des Cloppenburger Busunternehmens Hanekamp. (17)  Kein Statement zum Desaster, in das die Angestellten des Unternehmens nun geraten sind. Bekanntlich ist die Hanekamp DB-Regio Bus Nord-GmbH eine 100 prozentige Tochter der Deutschen Bahn AG. Letztere befindet sich im Besitz der Bundesrepublik Deutschland. Eine Vertreterin dieser Eigentümerin ist nun mal Silvia Breher!

Auch hier der Hinweis auf „nur sehr wenig oder gar keine Kenntnisse“ darüber, akute Probleme in ihrem Wahlkreis offensiv anzugehen. Oder könnte es vielmehr umgekehrt sein, wenn ihr öffentliches Wegschauen in Betracht gezogen würde. Hat sie darüber sehr viele bis alle Kenntnisse? Fragen über Fragen: „Wo ist Sylvia Breher mit ihren hervorragenden Beziehungen im Mittelstand, fragt sich daher auch der MT-Leser Hans-Hermann Stern in einem Leserbrief. (18)

Im Zusammenhang mit prekären Löhnen, Kurzarbeit und Arbeitslosigkeit in Coronazeiten klingt es zudem zynisch, wenn Abgeordneten des deutschen Bundestages in diesem Jahr auf die regelmäßige Anhebung ihrer Diäten verzichten. (19) Bei Gehaltszahlungen im fünfstelligen Bereich, Sonderzulagen und privilegierten Pensionsansprüchen auf üppigstem Niveau kann der in der Öffentlichkeit demonstrierte Altruismus nur als Farce empfunden werden. (20) 

Wie man´s dreht und wendet. Eine zufriedenstellende Antwort zu den Fällen Merkel (CDU), Scheuer (CSU), Leyen (CDU), Breher (CDU) u.v.a.m. gibt es nicht. Hierzu sind die täglichen Erscheinungsbilder der Politik zu anspruchsvoll, filigran und vor allem zu irritierend. Peter Lammert dagegen weiß es aktuell aber genau, denn es geht ihm um die SPD, möglicherweise um die Neuauflage der Roten-Socken-Kampagne! (21) Im Jahr vor der Bundestagswahl sollte es aber nicht verwundern, wenn die politische Polarisierung nun ihren Einstand gibt.

Es geht um Stimmungsmache. Konkret mit der zielgerichteten Botschaft, in welcher politischen Ecke Kenntnisse gering oder gar nicht vorhanden sind. Und das im verborgenen Kontext der deutschen Bildungsrepublik. Der unverkennbare Tenor solcher Kommentare ist, dass CDU/CSU hierbei überlegen von oben herabschauen dürfen, wobei “(…) CDU/CSU [der] SPD ein Zeichen [hätten] setzen können“, heißt es im Kommentar von Lammert. Eine solche Ãœberheblichkeit lässt sich allerdings nur verkaufen, wenn die Schwarze Null im Bildungswesen unterm Teppich bleibt. Paul Ziemiak (22) als Beleg „eine[r] Fehlbesetzung“ braucht erst gar nicht genannt werden. „ (…) allein schon aus der (…) [beruflichen] Vita heraus“ ist alles gesagt! (23)

Doch eine ehrliche Offenlegung der Zusammenhänge kann sich eine konservativ kommentierende Presse nicht leisten. Die Verantwortlichen müssten ihren Job sofort an den Nagel hängen. Sieht so unabhängiger Journalismus aus? Was diesbezüglich den Högl-Kommentar betrifft, so ist er „Eine vertane Chance“(…) „Bar jeglicher Qualifikation“!(24)

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 Quellen

 (1) Gaschke, Susanne in: MT, SPD hält an Högl als Wehrbeauftragte fest, 7.05.2020.

(2) Steingart, Gabor; Morning Briefing, 15.05.2020.

(3) MT, Kommentar Lammert, Klaus-Peter, Eine vertane Chance, Thema: Eva Högel wird Wehrbeauftragte, 7.05.2020.

(4) ebenda.

(5) ebenda.

(6) MT, Kommentar Berg, Schön, dass sie noch amtiert, Thema: Krisenmanagement in Coronazeiten, 29.04.2020.

(7) https://www.welt.de/politik/deutschland/article183467404/Umfrage-Mehrheit-der-Deutschen-will-Merkels-Abgang-auch-als-Kanzlerin.html

(8) https://newstral.com/de/article/de/1146934742/fast-15-000-unterschriften-für-neurologie-gesammelt

(9) MT, a.a.O., 7.05.2020.

(10) Ausdrückliche heißt es nicht: “ Schütze uns vor dem Bösen”.

(11) Le Bon, Gustave, Psychologie der Massen, 1895, Neuauflage: Nikol-Verlag 2009.

(12) https://www.tagesspiegel.de/wirtschaft/scheuers-teure-autobahn-gmbh-rechnungshof-soll-beraterkosten-fuer-autobahnreform-pruefen/25558612.html

(13) https://www.t-online.de/nachrichten/deutschland/innenpolitik/id_87145512/ursula-von-der-leyen-erneut-in-bedraengnis-sie-soll-alle-sms-geloescht-haben.html

(14) Wright Mills: Die Machtelite, hrsg. von Björn Wendt, Michael Walter und Marcus B. Klöckner, Westend Verlag, Frankfurt/Main 2019.

(15) https://www.zeit.de/politik/ausland/2019-07/ursula-von-der-leyen-eu-kommissionspraesidentin-wahlsieg

(16) https://www.nwzonline.de/wirtschaft/weser-ems/hannover-oldenburg-corona-krise-kossen-will-arbeitsmigranten-vor-covid-19-schuetzen_a_50,7,4231710194.html

(17) https://www.nwzonline.de/plus-cloppenburg-kreis/cloppenburg-hanekamp-busreisen-cloppenburg-das-traurige-ende-einer-traditionsfirma_a_50,8,717831798.html 

(18) MT, „Ist der Landkreis wirklich eine „Insel der Glückseligen“?“, 16.04.2020.

(19) https://www.wz.de/politik/inland/verzicht-auf-diaetenerhoehung-fraktionen-bringen-aenderung-auf-den-weg_aid-50170545

(20) https://www.bundestag.de/abgeordnete/mdb_diaeten/mdb_diaeten-214848

(21) https://www.welt.de/debatte/kommentare/article204025790/Neuanfang-der-SPD-Die-roten-Socken-kehren-zurueck.html

(22) https://karriere.unicum.de/berufsorientierung/branchencheck/politiker-ohne-abschluss

(23) MT, a.a.O., 7.05.2020.

(24) MT, a.a.O., 7.05.2020.

 

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