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Polit-journalistischer Aufruf

 

Aushebeln von Vorgaben geht überhaupt nicht

 

Ein doppelter Skandal?

HFB-20-08-20

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Dass sich jeder zur Bekämpfung der Corona-Pandemie an die Vorgaben der jeweiligen Landesregierung halten sollte, dürfte inzwischen klar geworden sein. Doch offenbar ticken bei dem Gemeinschaftsunternehmen der Münsterländischen Tageszeitung und Oldenburger Volkszeitung die Uhren im Rückwärtsgang. Das besonders bei dem CDU-Fraktionsmitglied des Cloppenburger Stadtrates, der zudem in der Funktion eines Redakteurs desselbigen Gemeinschaftsunternehmens dazu aufruft, einen Teil dieser Vorgaben zu ignorieren. Dass ein Politiker sich dermaßen äußert, ist bereits ein Skandal. Dass er zur Meinungsbildung seine Doppelfunktion schamlos ausnutzt, ein weiterer.

 

*Ein Kommentar*

 

Doch worum geht es genau? Laut Pressemeldung vom 19.08.2020 (1) macht ein Campingplatzbesitzer die Corona-Warn-App zur Pflicht. „Ein Campingplatz in Ostfriesland nimmt nur noch Gäste auf, die die Corona-Warn-App der Bundesregierung auf ihrem Handy haben.“ (2) Soweit, so gut! CDU-Ratsherr Kuehn weist in seinem Kommentar (3) zwar darauf hin, dass es „zur Einführung der App eine Forderung [war], dass das Vorhandensein der Corona-Warnapp nicht zur Bedingung zum Beispiel für das Betreten eines Restaurants oder einer Behörde gemacht werden darf.“ (4) Natürlich vergisst der Autor des Kommentars hierbei wohl nicht ohne Hintergedanken, das Beispiel eines Campingplatzes mit aufzuführen.

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(5)

Allgemein gilt der Konsens, dass „eine App-Pflicht (…) auch nicht indirekt durch die Hintertür eingeführt werden [darf] (…)“, worauf die Verbraucherzentrale aufmerksam macht. (6)

In wie weit inzwischen der Beschwerde-Botton der Verbraucherzentrale gegen die einsame Aktion des Campingplatzbesitzer in Krummhörn (Landkreis Aurich) gedrückt wird, bleibt abzuwarten. Zumindest ist zweifelhaft, ob der Campingplatzbesitzer im Falle einer juristischen Auseinandersetzung mit seinem Anliegen obsiegen wird. Wie will er denn die Smartphones kontrollieren?

 Will er sehen, welche Apps dort installiert sind? Wie will er kontrollieren, dass die Bluetooth-Funktion aktiviert ist? Was ist mit Smartphone-Geräten, mit denen die Corona-Warn-App nicht kompatibel ist? Muss überhaupt jemand ein Smartphone besitzen oder vorzeigen oder muss –wenn auch nicht aus Ãœberzeugung- nur eine Besitzerklärung abgegeben werden. Das wäre vor allem den Dauercampern zu erwarten Hierdurch könnten sie sich zumindest ihren Jahrespachtvertrag ins folgende Geschäftsjahr sichern. Handy-App hin oder her: Alles nur Public Relations? Diese wären nun gründlich in die Hose gegangen, wie die Nutzerkommentare zeigen. (7)

Den Verbraucherzentralen –und darauf muss wiederholt hingewiesen werden- war es wichtig, dass die Nutzung der App tatsächlich freiwillig bleibt. Die Zentrale unterstreicht die Forderung,dass „eine App-Pflicht (…) auch nicht indirekt durch die Hintertür eingeführt werden [darf] (…)“. (8) Eine rechtsverbindliche Pflicht zum Gebrauch der Corona-Warn-App gibt es nicht. Besonders die Bundesregierung weist darauf hin: „Sie entscheiden selbst, ob Sie die App nutzen wollen. Die Nutzung der Corona-Warn-App ist freiwillig (…)“. (9)

Aber nach Meinung des CDU-Ratsherrn Kühn lebten „in der Krummhörn (…) Couragierte, keine Diskriminierer (…)“ und „es bräuchte viel mehr Menschen wie den Campingplatzbetreiber“. Wer aber sollen diese „mehr Menschen“ sein? Wie sollte diese Kühnsche „Neue Totalität“ aussehen? Zu betrachten wäre doch mal das nähere Umfeld des politisch ambitionierten Redakteurs: Wie wäre es, wenn nun alle Besucher und Mitarbeiter des Cloppenburger Rathauses ab sofort ohne Corona-Warn-App das Rathaus nicht mehr betreten dürften. Gemeint sind der Bürgermeister, die Verwaltung, der gesamte Rat der Stadt Cloppenburg und selbstverständlich all Bürgerinnen und Bürger, die dort ein Anliegen haben! Wäre dann alles andere –also ohne App- „Egoismus, Unvernunft, Dummheit?“ (10) Könnte sich nach strenger Kontrolle am Haupteingang des Rathauses wirklich jeder darauf verlassen, dass seine persönlichen Daten anonym bleiben?

Zu den persönlichen Daten zählen auch die Angaben zu selbst festgestellten Krankheitssymptomen. Diese wären dann in die App einprogrammiert, nachdem sich der Betreffende als Infizierter geoutet hätte. Nunmehr können die Daten gesendet werden. Wer sich dann aber trotz einprogrammierter Symptome so frei fühlt, die Öffentlichkeit, z.B. das Rathaus, mit seiner eigenen Anwesenheit zu beehren, handelt nachweislich grob fahrlässig. Ob aus „Egoismus, Unvernunft, Dummheit (…)“ (11) sei dahingestellt. Nachweislich deswegen, weil jede betroffene Person in seiner Nähe nach spätestens 15 Minuten diese persönliche Symptomatik über das mitgeführte Handy frei Haus geliefert bekommt, die auf eine Ansteckungsgefahr hinweist. Der Absender, der gleichzeitig auch Empfänger ist, wäre dann „abgestempelt“! Anonym? Ja, wenn es denn anonym bliebe!

Bei näherer Betrachtung wird den Bürgerinnen und Bürgern die Corona-Warn-App also immer suspekter. Vorab überzeugte Nutzer deinstallieren diese App. Ihnen wurde zusehends klar, dass es mit der persönlichen Datensicherheit doch nicht so gut bestellt war. Auch ist der Verdacht, die App könnte missbraucht werden, nicht generell von der Hand zu weisen. (12)

Schließlich werden die Registrierungsdaten, die beim Besuch von Restaurants und Gaststätten zur Rückverfolgung von möglichen Infektionsketten als zwingend erforderlich gelten, auch für weitere Fahndungszwecke verwendet. Weiß CDU-Ratsherr Kühn von diesen Widersprüchen bzw. Problematiken nichts! Wäre hier nicht mehr kritisches Engagement gefragt, um Leserinnen und Leser allumfassend aufzuklären? Das dürfte doch gar nicht so schwierig sein. Man muss doch die Kritiker des Campingsplatzbesitzers nicht beschimpfen!

Andernfalls ist es keinesfalls zu billigen, wenn der Campingplatzakteur „in den sozialen Medien als Diskriminierer gescholten [wird]“ (13). Der nämlich behauptet, “wir wollen (…) unsere drei Kinder schützen“. (14) Das ist sein gutes Recht und sehr ernst zu nehmen. Er hat Angst. Berechtigterweise! Aber Angst erzeugt psychisch inkohärente Zustände. Diese machen krank und nicht bevorzugt die Pflichtvergessenen, die es immer irgendwo gibt. Wenn eine Gefahr existiert und verängstige Personen dieser ausgesetzt sind, dann ist der erste Schritt, Ruhe zu bewahren, um die Lage unter Kontrolle zu bringen. Dennoch werden massiv Ängste erzeugt. Von der Politik und von den Medien. Mit Zahlen, die oft nicht in Relation gesetzt werden. Mit Drohungen, die aktuell mit den Statistiken des Robert-Koch-Instituts nicht begründbar sind. (15) Offenbar hat der Erreger auch an Gefährlichkeit eingebüßt. (16)

Viele Menschen leben nunmehr mit Kurzzeitjobs oder haben ihren Job verloren. Fast jeden Tag wird darüber berichtet, dass Kleinunternehmen, wie z.B. die Schaustellen in Cloppenburg, nahe an ihrer Existenzgrenze angekommen sind. (17)  Auch sie sind verzweifelt und haben Angst, Existenzangst. Und es ist nur eine Frage der Zeit, bis diese Ängste in Hass und Aggressivität umschlagen. Daher zieht es viele bisher vollkommen unpolitische Menschen auf die Straßen, um zu protestieren. Sie verstehen die Maßnahmen der Politik nicht mehr oder deuten sie als Missbrauch für Wahlkampfzwecke. Es brodelt, weil sich viele Menschen in ihrer existenziellen Not nicht verstanden fühlen.

Auch wenn es noch so schwer fällt, sollte klar sein, dass es sich bei den Corona-Maßnahmen um einen demokratischen Prozess handelt. Falls hier und da irgendwelche Maßnahmen nicht passend wirken, sollten sie dennoch strikt befolgt werden. Das aber mit der „Holzhammermethode“ zu erzwingen, wird niemals zielführend sein. Angst wird in Hass umschlagen und dann gibt es ein Problem. Dieses wird am Beispiel von Weißrussland gerade antizipiert. Weit weg von Deutschland, aber doch näher als mache glauben wollen. Denn spätestens ab Herbst 2020 werden massive Insolvenzen zum Tragen kommen. Von all diesen Zusammenhängen scheint CDU-Ratsherr Kühn nichts zu wissen!

Engagiert kritische Bürgerinnen und Bürger, darunter die Leserinnen und Leser des stumpfsinngien Kommentars, sind in ihrem Denkprozess sehr viel weiter als es der meinungsäußernde Politjournalist wahrhaben will. Selbst wenn es sich bei Kühns merkwürdigen Auslassungen um einen Kommentar handelt, sollten kritische Betrachtungen niemals außen vor bleiben. Im konkreten Fall sind sie zwingend wünschenswert. Aber das bitte mit rechtlich ausgewogener Tendenz. Jedoch in einem polit-journalistischen Mixdown dazu aufrufen, offizielle Vorgaben auszuhebeln, geht gar nicht.

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Quellen

(1)    MT, Campingplatz macht Warn-App zur Pflicht, 19.08.2020.

(2)     https://www.om-online.de/politik/das-virus-ist-noch-da-47917

(3)    Ebd.

(4)    Ebd.

(5)    Ebd.

(6)    https://www.verbraucherzentrale.de/wissen/digitale-welt/apps-und-software/coronawarnung-per-app-fragen-und-antworten-zur-deutschen-tracingapp-47466

(7)    https://www.camping.info/de/campingplatz/campingplatz-dyksterhus/bewertungen

(8)    vgl. (6)

(9)    https://www.bundesregierung.de/breg-de/themen/corona-warn-app/corona-warn-app-faq-1758392

(10)  MT. Kommentar, a.a.O.

(11)  Ebd.

(12)https://www.heise.de/news/Informatiker-Die-Corona-App-ist-wie-ein-trojanisches-Pferd-4764560.html

(13)  MT, Kommentar, a.a.O.

(14)  MT, a.a.O., 19.08.2020.

(15)https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Fallzahlen.html

(16)https://www.n-tv.de/wissen/Coronavirus-zeigt-Anzeichen-der-Schwaeche-article21981505.html

(17)  MT, Schausteller dringen auf Kirmesrückkehr, 18.08.2020.

 

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