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Von wegen „ein wenig Werbung kann nicht schaden“

 

CDU-Politiker gestaltet „Schulunterricht“

 

HFB-18-05-10

 

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Wenn ein Landtagsabgeordneter einer bedeutenden Partei, hier Christoph Eilers (CDU), die Oberschule in Cappeln besucht, ist das durchaus gerechtfertigt. Zwar ist die Auswahl aus der Zahl der zugelassenen Parteien nach deren Bedeutung (sog. Prinzip der abgestuften Chancengleichheit) vorzunehmen, doch das gilt ausschließlich für Podiumsdiskussionen. Diese richten sich in der Regel halböffentlich an alle Schüler, Eltern und Lehrer.

Nunmehr aber hat der CDU-Landtagsabgeordnete Eilers eine denkwürdige Unterrichtsstunde der Neuntklässler im Fach Politik gestaltet. Dass bei dieser „Informationsveranstaltung“ seine „CDU-politische Sicht der Dinge“ in den Mittelpunkt gerückt war, liegt nahe. Politikunterricht an allgemeinbildenden Schulen aber hat neutral zu sein und damit keine der politischen Parteien zu bevorzugen.

Wurde bei dem angeblich rein informellen Besuch des CDU-Abgeordneten etwa gegen Vorschriften (Verordnungen /Erlasse) verstoßen, weil anstelle einer pädagogischen Zielrichtung nichts anderes als eine weit vorgezogene CDU-Wahlkampfveranstaltung zur Europawahl stattgefunden hat? Und das in einer allgemeinbildenden Schulform. Zuletzt geht es um die Einhaltung von Regeln. Wie sollen Kinder und Jugendliche Regeln lernen, wenn Politik diese nicht einmal einhält?

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In der Regel unterrichten Politiker nicht in Schulen. In ihrer Funktion vertreten diese vielmehr die politische Meinung ihrer Partei, im konkreten Fall die der CDU. Und wenn dann der betreffende Politiker Eilers (CDU) mit einer Vertreterin der Presse erscheint, die anschließend dick aufgetragen über die angebliche allgemeine Informationsveranstaltung berichtet, dann liegt es wohl fern, dass ausschließlich die angeblich ausgewogene Lehrstunde das Ziel des Politikunterrichts gewesen ist.

Anlass des Besuchs war laut Pressebericht die im kommenden Jahr anstehende Europawahl. Dass es der CDU-Politiker Eilers eher vermeidet, den Schülern Informationen über Politik im Allgemeinen anzubieten, um auf diese Weise seine politischen Gegenspieler zu bedienen, dürfte auf der Hand liegen. Denn gerade Eilers sollte wissen, dass die Wahlen im Cloppenburger Raum für die CDU kein Selbstläufer mehr sind. Von einer unbefangenen und selbstlosen Information kann also nicht die Rede sein. Neutralität funktioniert anders.

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Dass der CDU das Wasser bis zum Hals steht, ist ein offenes Geheimnis. Ob der angekündigte Verjüngungs-kurs Besserung bringt, bleibt abzuwarten. Denn das Jungsein besagt nichts über Qualität. Besonders dann nicht, wenn man nur das eifrig nachbetet, was in der Berliner Parteizentrale als Alternativlos gilt.

 

 

Cappeln, Friesoythe, Barßel und das Saterland werden nicht mehr von CDU-Bürgermeistern regiert. In immer mehr Kommunen tritt die CDU auffällig gespalten auf. In Cappeln und Löningen wurde der Streit durch die Abspaltung mehrere Fraktionsmitglieder umso deutlicher. Für die hiesige CDU bedeutsam ist somit nicht nur das Thema Europawahl. Dieses erweist sich vielmehr als idealer Türöffner, um mit Hilfe einer strategischen Personaloffensive hochrangiger CDU-Funktionsträger intensive Parteiwerbung im Landkreis Cloppenburg zu machen. Dass sich der lange Arm der CDU nun bis in die allgemeinbildenden Schulen erstreckt, ist umso bemerkenswerter.

Gilt es doch, die Mehrheiten wiederzugewinnen, von denen diese Partei Jahrzehnte profitiert hat. Wäre die Lage für die CDU weniger prekär, hätte die Rolle des CDU-Abgeordneten Eilers z.B. auch ein Parlamentarier der SPD wahrnehmen können. Allein die prekären Umstände, mit denen die CDU inzwischen gnadenlos zu kämpfen hat, sind der Hinweis darauf, dass es mit der erforderlichen Neutralität wohl nicht ganz so weit her war.

Grundsätzlich ist es den allgemeinbildend Schulen nicht verboten, externe Fachleute für praxisbezogene Vorträge und Diskussionen zu gewinnen. Das dürfen auch aktive Politiker sein, die den Unterricht ergänzen. Hierbei gibt es allerdings einiges zu beachten: Vorgeschrieben ist z.B., dass die Lehrkraft die Verantwortung für den Unterricht behält. Wie das genau geschehen soll, ist zwar nicht vorgeschrieben, aber eindeutig verbindlich ist, dass bei der Planung solcher unterrichtlicher Veranstaltungen nicht nur die Schüler, sondern auch die Eltern zu beteiligen sind.

Die Neutralität verlangt im Übrigen auch die Einladung von Vertretern aus anderen Parteien. Somit darf davon ausgegangen werden, dass -falls noch nicht geschehen- auch aktive Politiker der LIBERALEN und der übrigen Parteien die Cappelner Oberschule besuchen werden, um Schüler während des Unterrichts über die aus ihrer Sicht aktuell politischen Themen zu informieren. Die Schulleitung wäre zu dieser Gleichbehandlung verpflichtet. Denn Vertreter aller demokratischen Parteien sollten Gelegenheit erhalten, ihre Ansichten in angemessenem Umfang darzulegen. Genau das ist für eine lebendige Demokratie zwingend erforderlich und durch Verordnungen und Erlasse des Kultusministeriums geregelt.

Doch es sind Zweifel angesagt. Ginge nicht ein Aufschrei durch die Öffentlichkeit, würde anstelle des CDU-Abgeordneten Eilers ein Vertreter der Partei DIE LINKE vor die Klasse treten? So könnte- wenn auch „zwischen den Zeilen“- der Missmut über die aktuelle Politik der GroKo, der widersprüchlichen Verbrüderung zwischen CDU und SPD, sowohl im Land Niedersachsen als auch im Bund begründete Nahrung finden. Genau das aber dürfte dem CDU-Parteipolitiker Eilers wohl nicht ganz so Recht sein.

Aber bei allem Vorbehalt: Die Öffentlichkeit darf zunächst davon ausgehen, dass die Verordnungen und Erlasse des Kultusministerium beachtet werden. Mit Spannung werden somit die Unterrichtsbesuche weiterer Abgeordneter aus verschiedenen Parteien erwartet. Sollte diese Art der Neutralität nicht gewährleistet sein, wäre die Presse aufgefordert, über eine möglicherweise illegale Parteiwerbung zu berichten. Genau das darf ebenfalls erwartet werden. Besonders dann, wenn sie sich für „unabhängig und überparteilich“ erklärt. Doch so oder so: Die „Lehrveranstaltung“ des CDU-Politikers Eilers in der Cappelner Oberschule hinterlässt einen bitteren Beigeschmack.

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Quellen

    (1) MT, Auszug, 5.05.2018.

    (2) MT, Kommentar Höffmann, Neuer Schwung, 7.05.2018.

    (3) Schule und Recht in Niedersachsen (www.schure.de): Besuche von Politikerinnen und Politikern in Schulen - RdErl. d. MK v. 1.8.2012 - 35-81 704 (SVBl. 8/2012 S.426), geändert durch RdErl. vom 1.8.2014(SVBl. 9/2014 S. 458) - VORIS 22410 - Bezug: RdErl. d. MK v.10.1.2005 - 35-81704 (SVBl. 3/2005 S.133; ber. S.197), geändert durch RdErl. v. 1.6.2010 (SVBl. 6/2010 S.203) - VORIS 22410 -

     

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