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Bildung? Nein Danke!

 

Cloppenburger Schulpolitik im

Würgegriff des

Unwillens und der Unkenntnis

Grundsätze des neuen Schulgesetzes werden nicht vermittelt

 

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Im August 2015 trat das neue Niedersächsische Schulgesetz in Kraft. Es wurde von der derzeit amtierenden Landesregierung aus SPD und B90/Grüne beschlossen, die seit der vergangenen Landtagswahl 2013 die Koalition von CDU und FDP abgelöst hat. Spätestens mit dem Antrag der Grünen-Fraktion im Rat, eine Gesamtschule für die Stadt Cloppenburg ins Leben zu rufen, beschäftigt das neue Schulgesetz nun auch die hiesige Kommunalpolitik. Die Parteien demonstrieren zwar Einheit, dennoch überfordert sie die kommunale Bildungspolitik erheblich. Sowohl im Rathaus als auch im Kreistag bahnt sich ein offener Streit an. In der Stadt des bildungspolitischen Lächelns sollen Unwillen und Unkenntnis vor der Öffentlichkeit verborgen bleiben. Bereits jetzt fühlen sich viele Bürger, besonders Eltern und Erziehungsberechtigte, falsch informiert und getäuscht. Grundsätze des neuen Schulgesetzes sind sowohl von den Cloppenburger Parteien als auch von den selbsternannten Bildungsexperten nicht vermittelt worden.

Im Jahr 2013 wurde die Stadtkonzeption 2025 von allen Parteien zustimmend zur Kenntnis genommen. Hier heißt es sinngemäß, dass es eine der Stärken Cloppenburgs sei, alle Schulformen vorhalten zu können (vgl. STADTKONZEPTION 2025-Kurs in die Zukunft; 2013, S. 34). Das allerdings stimmt das nicht ganz, denn eine Gesamtschule gibt es in unserer Stadt heute nicht. Somit ist der Antrag der Grünen-Fraktion nur folgerichtig!

Beim neuen Schulgesetz setzt man auf öffentliche Information. Es wird den Bürgern unter dem Titel BILDUNGSCHANCENGESETZ vermittelt. Wenig vertiefend, wie einige enttäuschte Bürger meinen. Im Mittelpunkt steht hierbei die Gesamtschule, deren Einrichtung durch das neue Schulgesetz sehr viel einfacher geworden ist. Hierzu aus-

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Die Vielfalt der Bildungsangebote in Cloppenburg ist mit einem Fragezeichen versehen. Es gibt einflussreiche Kritiker. Noch steht in den Sternen, ob eine Gesamtschule die städtische Schullandschaft bereichern wird.

schließlich plakative Informationen, gespickt mit Binsenweisheiten. Keine hinreichenden Informationen, um die wirklichen Kernaussagen des neuen Schulgesetzes in den Mittelpunkt zu rücken. Gut gemeint, aber nicht gut gelaufen. Es fehlt den Aufklärern an Wissen um Bildung. Um letztere hat man sich bereits einige Jahre nicht mehr gekümmert: „Bildung? Nein danke“ war dann auch die politische Devise. Nun holt das Versäumnis nicht nur die Bildungsverweigerer unverhofft ein.

Laut Ratsbeschluss vom 13. Juli 2015 sollte eine Elterninformation und -befragung zur Gesamtschule stattfinden. Tage später wurde dieser Beschluss durch die Verwaltung plötzlich außer Kraft gesetzt. Grüne, UWG und SPD kamen ins Rotieren und forderten wütend den Bürgermeister auf, den Ratsbeschluss umzusetzen. Gleichzeitig erfolgte eine Beschwerde bei der Kommunalaufsicht im Landkreis Cloppenburg. Federführend waren die Grünen. Die Fraktionen von SPD und UWG folgen dem Anliegen bereitwillig durch Unterschrift!

Doch inzwischen sah die Verwaltung ein, dass Ihre Auslegung, den Beschluss außer Kraft zu setzen, nicht durchzuhalten war. Daher das Umdenken des Bürgermeisters, Dr. Wiese: Das Verfahren zur Einrichtung einer Gesamtschule konnte nach den heftigen Protesten nun doch fortgeführt werden. Damit war der Weg frei für die Elterninformation zur Gesamtschule.

Am 17.09.2015 wurde interessierten Eltern allerdings ein Kuckucksei serviert. Geladen war die Vorsitzende des Verbandes Bildung und Erziehung (VBE) Niedersachsen, Frau Gitta Franke-Zöllmer. Der VBE hat nun wirklich nicht viel mit einer Integrierten Gesamtschule zu tun. In der Vergangenheit war dieser Verband ein besonders lautstarker Wortführer, als es um die angeblich „ideologische Entrümpelung der Gesamtschule“ in NRW ging!

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Lehrergewerkschaften

Deutscher Philologenverband (DPHV), Verband Bildung und Erziehung (VBE) oder Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) sind Arbeitnehmervertretungen für sozialpädagogische Mitarbeiter und für Lehrkräfte. Die Vertretungen arbeiten zwar nicht schulformspezifisch, aber dennoch schwerpunktorientiert. So konzentriert sich der DPHV schwerpunktmäßig auf das Gymnasium, der VBE auf die Grundschule und die GEW auf die Gesamtschule. Für eine Elterninformation wäre demnach einzig und allein die GEW der bessere Ansprechpartner gewesen!

Die Eltern in Cloppenburger Stadthalle brauchten sich daher nicht mehr darüber zu wundern, dass Franke-Zöllmers Informationen auffällig häufig mit entlarvenden Hinweisen wie z.B. „Gesamtschule muss sich reformieren“ durchdrungen waren. Handfeste Information zur Gesamtschule erfolgten ausschließlich in Form von verwirrenden Aufzählungen aus dem Schulgesetz. Technokratisch und für Laien ehr unverständlich! Grundsätzliches über die gelebte Gesamtschule schien der Referentin nicht bekannt zu sein. Die Kommentare hierzu fehlten völlig. Über pädagogischen Ansatz der Gesamtschule also kein Wort. Unterm Strich bewerteten anwesende Eltern die Informationen als unverschämt einseitig. Recht haben sie!

Nun stellt sich die Frage, wer denn die Referentin mit welcher Absicht bestellt hat. Dazu muss man wissen, dass die Niedersächsische Landes-CDU am 5. September 2015 auf ihrem Osnabrücker Parteitag deutlich machte, dass sie nach einem möglichen Wahlsieg im Jahre 2017 die Neuerungen zum Schulgesetz rückgängig machen werde. Man spreche sich im Übrigen für das Dreigliedrige Schulsystem aus, welches man dann wieder stärken wolle, so ein Pressebericht des NDR.

Nach der einseitigen Elterninformation reagierte der Schulelternrat der Stadt Cloppenburg. Nun wurde der Leiter der Helene-Lange-Schule, einer Integrierten Gesamtschulen in Oldenburg, geladen. Anfang Oktober 2015 wird Schulleiter, Diedrich Smidt, die Eltern informieren. Im Ratssaal der Stadt Cloppenburg wird nun ein ausgewiesener Experte mit praktischer Erfahrung zu Wort kommen. Damit ist die Cloppenburger Verwaltung bloßgestellt. Aber auch die übrigen Parteien, die mit ihren öffentlichen Aktionen nicht in der Lage waren, über ihren eigenen Tellerrand hinaus über die Gesamtschule zu informieren, stehen nicht gut da. Selbst hier ist nicht mehr als eine Terminankündigung zu finden!

Noch härter trifft die Kritik die CDU-gesteuert Verwaltung in Cloppenburg: Sie ist dabei erwischt worden, die Elterninformation in der Stadthalle zu manipulieren. Es wird nicht nur deutlich, welchen bildungspolitischen Ansatz die CDU wirklich verfolgt, sondern auch wie sie mit den Bürgern unserer Stadt umspringt.

Bei alledem wird klar, dass die Verantwortlichen im Niedersächsischen CDU-Landesverband und die des Cloppenburger CDU-Stadtverbandes kein Interesse haben, bildungspolitische Fakten zu schaffen. Eine Gesamtschule -auch wenn sie in der Planung wäre- ist in den Wahljahren 2016 (Kommunalwahl) und 2017 (Landtagswahl) nicht erwünscht. Wenn es nach der CDU ginge, sollen die Gymnasien weiter gestärkt werden und nicht die Gesamtschulen!

Es kann also gut möglich sein, dass eine schwarz-gelbe Landesregierung den begonnen Erfolgsweg der Gesamtschule wieder zu Nichte macht. Hierzu müssten die kommunalen CDU-Ortsverbände ihren Teil beitragen. Ob sie wollen oder nicht. Das ist Parteilinie. Aber ebenfalls gilt, die Kommunalwahlen in Cloppenburg unbeschadet zu überstehen. Das funktioniert nur, wenn man dieses Mal den Willen der Bürger demonstrativ nicht übergeht, möglichst vielen Vorlagen zustimmt und nach der Kommunalwahl 2016 den Sack zu macht.

Kurz vor der Kommunalwahl 2011 hatte sich die CDU im Rat der Stadt Cloppenburg den Zorn des Wählers eingeholt, weil sie mit überlegener Mehrheit gegen viele gute Vorschläge der Opposition gestimmt hatte. Nicht zu überbieten war die Hassparole, die Gesamtschule sei eine verkappte Hauptschule. Zu hören in einer öffentlichen Ratssitzung im Jahr 2008, kurz bevor mein Antrag, in Cloppenburg eine Gesamtschule einzurichten, von der Kreis-CDU völlig abgeschmettert wurde (vgl. Ratsprotokoll vom 15.12.2008; S.17). Nicht zuletzt durch ihr demonstrativ renitentes Verhalten verlor die CDU die Mehrheit im Rat. Das, was 2011 eingetreten ist, soll im Wahljahr 2016 nicht noch einmal passieren. Wiederum unter Federführung derjenigen, die schon 2008 massiv gegen die Gesamtschule gewettertet hatten.

Das heißt also nichts Gutes für die Gesamtschule in Cloppenburg. Wer nun meint, die Cloppenburger Schmuse-CDU würde in Bildungsfragen der eigenen Landes-CDU in den Rücken fallen, wird sich täuschen. Die hiesige Gesamtschule ist noch nicht Fakt. Bis zu ihrer möglichen Umsetzung zum Schuljahr 2017/18 fließt noch viel Wasser durch die Soeste, wobei Kommunal-, Landtags- und Bundestagswahlen ins Haus stehen. Welche Partei möchte ihre stets schwindende Wählerschaft bereits im Vorfeld vergraulen? Dafür wird alles Mögliche getan. Dafür werden auch Lobbyisten eingespannt. Unter Umständen ist es also sehr wahrscheinlich, dass das Anliegen Gesamtschule nach der Wahl 2016 schnell wieder ein Ende finden könnte!

Einiges spricht auch für folgende Variante: Also nicht dagegen sein, denn die Kreistags-CDU wird es vorzeitig richten, wenn die Angelegenheit Gesamtschule aus formalen Gründen in den Kreistag überwiesen werden muss. Das wird spätestens dann eintreten, wenn die Konzeption der Cloppenburger Gesamtschule eine Oberstufe vorsieht. Auf jeden Fall wird die CDU zumindest im Rathaus sagen können: „Wir waren doch stets für eine Gesamtschule in Cloppenburg!“

In diesem Durcheinander bleibt einiges auf der Strecke. Neben dem Ansehen der Politik ist es aktuell bereits die korrekte Information. Zur Bildungschanceninitiative –hierzu gehört vor allem das Thema Gesamtschule- wären nunmehr ergänzende Informationen einzufordern. Daher muss zwingend auf die grundsätzlichen Inhalte des neuen Schulgesetzes –Bildungschancengesetz- eingegangen werden. Nur so sind der Öffentlichkeit die sozialdemokratischen Denkansätze vermittelbar, die sowohl am öffentlichen Werbestand der SPD und während der öffentlichen Informationsveranstaltung der Stadt Cloppenburg überhaupt keine Berücksichtigung fanden. Die folgenden, z.T. kritischen Ausführungen beschränken sich auf die wesentlichen Merkmale:

Grundsätze des neuen Schulgesetzes

Der zentrale Ansatz ist die Chancengleichheit, mit der es in Deutschland nicht gut aussieht. Hier nur ein Ausschnitt des Problems, der auf die Ungerechtigkeit unseres Bildungswesens hinweist: So ist eine körperliche Behinderung oder und ein geringes Einkommen der Eltern noch immer für Nachteile in der Schulausbildung verantwortlich.

Besonders Arbeiterkindern mangelt es an ideeller Unterstützung durch das Elternhaus. Das gilt im Besonderen für Migrantenkinder. Elternhäuser sind oft nicht in der Lage, die Schullaufbahn ihre Kinder verständnisvoll und kompetent zu begleiten. Hierbei haben es die betroffenen Kinder häufig mit

Hilflosigkeit und Verständnislosigkeit ihrer eigenen Eltern zu tun. Von Zukunftsängsten ganz zu schweigen, die nun wirklich nicht ermutigend wirken. In der späteren Berufsausbildung werden die Jugendlichen mit Bedingungen konfrontiert, mit denen vor allem die aus unterprivilegierten Elternhäusern nicht klar kommen. Sie scheitern mit höherer Wahrscheinlichkeit als Jugendliche aus Akademikerfamilien. Hierbei zeigt sich, dass nicht jeder seines Glückes Schmied sein kann. Die Zahl der von Gymnasien Abgeschulten, der Studien- und Berufsabbrecher, derer ohne Schul- und Berufsabschluss und der Lebensabbrecher, die z.B. vom oberen Stockwerk des Studentenheimes springen, ist so erschreckend, dass die Politik reagieren muss. Nichts anderes drückt sich mit dem Claim „Bildungschancengesetz“ aus. Man weiß, dass es inzwischen eine Minute vor Zwölf ist!

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Das neue „Bildungschancengesetz“ umfasst vier Schwerpunkte, die den Eltern bei der Schulartwahl für ihre Kinder viel abverlangt. Wichtig hierzu sind allgemeinverständliche Informationen, die helfen, dass sorgfältige Abwägungen getroffen werden können. Doch die Informationen lassen auf sich warten!

Die Grundsätze des neuen Schulgesetzes sollen darauf hinweisen, dass der Sozialdemokratie die Chancengleichheit besonders am Herzen liegt. Es gilt die Ewigkeitsklausel „Die Würde des Menschen ist unantastbar“ (vgl. Art. 1 GG). Da jeder Mensch mit seiner Würde als einzigartig zu gelten hat, wird der Weg zu mehr Chancengleichheit kein Zuckerschlecken sein. Ihn zu beschreiten ist vielmehr die öffentliche Pflicht der Verantwortlichen. Der Politik also, deren sich die Sozialdemokraten im Besonderen angenommen haben. Im Folgenden sollen die Grundsätze erläutert werden. Auf kritische Hinweise wird hierbei nicht verzichtet:

 

--> Der Elternwille zählt!

Das ist nichts Neues im Schulgesetzt und ist der Hinweis auf basisdemokratische Strukturen, die somit gestärkt werden. Der Elternwille ist jedoch mit einer gehörigen Portion an Verantwortung verbunden. Diese Verantwortung billigt das Schulgesetz den Eltern ohne Wenn und Aber zu. Dass die Umsetzung des Elternwillens auch mit einer Fehlentscheidung verbunden sein kann, liegt auf der Hand. Leider sind die Rückläuferzahlen der Schüler, die das Gymnasium aufgrund mangelnder Leistungsfähigkeit verlassen müssen und auf eine Realschule wechseln, besorgniserregend. Hierzu später mehr!

 

--> Endlich besser ausgestattet: Ganztagsschulen!

Ganztagsschulen gelten als Erfordernis einer modernen Gesellschaft. Bisher wurde an vielen Schulen bereits am Nachmittag unterrichtet. Doch für die Schüler war die Teilnahme eher freiwillig, denn ein regulärer Unterricht fand nicht statt. Stattdessen wurden z. B. Kurse oder Förderunterricht angeboten.

Selbstverständlich mussten die Schüler mittags verpflegt werden. Das konnte mit Hilfe provisorisch eingerichteter Mensen geschehen. Neubauten von Mensen waren nur schwer durch zu setzten, da nur wenige Schüler das Mittagsangebot wahrnahmen. Für den Mensabau sind die Schulträger zuständig, nicht das Land Niedersachsen. Da es mit den Finanzen der Kommunen nicht rosig aussieht, wurde die Einrichtung von Mensen zunächst stiefmütterlich behandelt. Inzwischen ist der Ganztagsunterricht verbindlich geworden. Die Schulpflicht besteht nun an manchen Wochentagen auch am Nachmittag.

Doch Vorsicht: Nicht allen Kindern dient der zusätzliche Nachmittag in der Schule. Das betrifft vor allem Vereinsmitglieder, sportlich Aktive oder von den Eltern selbstbetreute Kinder! In diesem Punkt wird dem Elternwillen eigentlich widersprochen! Sie haben keine Wahl. Wie bereits gesagt: Es gilt die ganztägige Schulpflicht!

Nach den Vorgaben des neuen Schulgesetzes werden die Ganztagsschulen endlich besser ausgestattet. Nicht mit besseren Stühlen und Möbeln, nicht mit guten Teppichböden, nicht mit exklusiven Beleuchtungen, die den überwiegenden Kasernencharakter der Schulgebäude abmildern könnten, sondern mit mehr Lehrpersonal. In einer Ganztagsschule fallen mehr Unterrichts-, Betreuungs- und Förderstunden an, so dass die Personalaufstockung sinnvoll erscheint.

Die Finanzierung dieser zusätzlichen Stellen sollte zunächst über Reduzierung der Gymnasiallehrergehälter abgewickelt werden. Doch die Lehrergewerkschaften -voran der Deutsche Philologenverband- hatten erfolgreich dagegen geklagt. Das Oberverwaltungsgericht Lüneburg kassierte das Finanzierungskonzept der jetzigen Landesregierung ein. Nun müssen die Gelder durch Neuverschuldung des Niedersächsischen Landeshaushaltes beschafft werden. Eine peinliche Situation für das Kultusministerium in Hannover.

Nicht zu unterschätzen ist, dass die neue Konzeption der Ganztagsschule auch für den Schulträger einen höheren finanziellen Aufwand mit sich bringt. Für die Kommunen wird Schule teurer. Mensen dürfen keine Provisorien mehr darstellen. Denn wenn mehr Schüler als bisher über Mittag in der Schule verweilen müssen, dann wird das Essensangebot nicht ausbleiben dürfen.

Die Stadt Cloppenburg hat inzwischen vier Mensen gebaut: Die Mensa der Comenius-Oberschule, die Mensa der Paul-Gerhard-Schule, die Mensa in der Wallschule und die neue Mensa im Galgenmoor. Cloppenburg ist also gut gewappnet für die Ganztagsschule und hat –wenn auch nach massiven Widerständen der Cloppenburger Verwaltung- eine Menge Geld dafür ausgegeben.

Für die Stadt Cloppenburg wird die Ganztagsschule auch deshalb teurer, weil mehr zusätzliches Personal benötigt wird, um den erhöhten Verwaltungstätigkeiten und Instandhaltungsverpflichtungen zu meistern. Die Sekretärinnen und Hausmeister z.B. bekommen mehr Arbeit. Es kann gut sein, dass neue Stellen geschaffen werden müssen. Und diese werden nicht vom Land Niedersachsen bezahlt, sondern von der Kommune, die Schulträger ist.

Ein wenig Entlastung bietet der Gesetzgeber dennoch: Möglich macht das z.B. ein alter Erlass der Vorgängerregierung des Landes Niedersachsen. Der nämlich besagt, dass beim geringsten Verdacht einer Schülerstraftat Polizei und Staatsanwaltschaft eingeschaltet werden müssen. Hierdurch wird die Arbeit für einen bedeutenden Teilbereich des pädagogischen Raumes Schule regelrecht verboten. Die notwendige Fachbetreuung der auffällig gewordenen Schüler fällt somit unter den Tisch. Die tatsächlichen „Betreuer“ sind dann Polizei und Staatsanwaltschaft. Aus sozialpädagogischer Sicht kann das nicht richtig sein.

Die bessere Ausstattung der Ganztagsschulen mit mehr Lehrern ist die eine Seite. Der Erfolg dieser Einzelmaßnahme die andere. Ohne eine zusätzliche sozialpädagogisch ausgerichtete Personaldecke an allen allgemeinbildenden Schulen, die zudem in klar umrissenen Zuständigkeitsbereichen arbeiten müsste, können nur Teilerfolge erzielt werden! Auch wenn nun der Landkreis Cloppenburg Schulsozialarbeit mit 654.000 Euro für das Jahr 2016 (!) auf eigene Kosten fördert, bleibt das nur der Tropfen auf den heißen Stein. Über komplexe Zusammenhänge dieser Art herrscht nicht selten ein aggressiv emotionales Unverständnis.

Die Aufstockung mit mehr Lehrpersonal war für Ganztagsschulen seit Jahren überfällig. Ganztagsschule -wie sie die CDU/FDP-Landesregierung zuvor gestrickt hatte- könnte unverhohlen als Mogelpackung bezeichnet werden. Zu wenig Lehrpersonal und ein unverbindlicher Nachmittagsunterricht versprachen nicht das, was zuvor als Ganztagsschule bezeichnet wurde. Nun ist ein richtiger Schritt in die richtige Richtung getan. Wie nachgewiesen, besteht noch viel Handlungsbedarf für gut funktionierende Bildungseinrichtungen im Ganztagesbetrieb.

 

--> Endlich gleichberechtigt: Gesamtschulen!

Das ist korrekt. Nach dem alten CDU-Schulgesetz musste die Eingangsstufe einer Gesamtschule mindestens fünfzügig sein und nachhaltig die Schülerzahlen für 5 Klassen (125 SchülerInnen) garantieren. Nach dem neuen Gesetz ist vieles einfacher geworden. Eingangsvoraussetzung sind nur noch vier Klassen. Damit verschärfe sich die Konkurrenzsituation zwischen Gesamtschule und Gymnasium erheblich; zum Nachteil des Gymnasiums, so die CDU. Doch was genau sind die grundlegenden Unterschiede zwischen Gymnasium und Gesamtschule? Lohnt sich der Streit eigentlich?

Der Ansatz des Gymnasiums besteht laut CDU darin, die Begabung ihrer Schüler als Eingangsvoraussetzung anzusehen. Welcher Schüler für das Gymnasium begabt ist oder nicht, testierte die Grundschule in der vergangenen Zeit jedem Schüler nach 4 Jahren mit der Aushändigung Laufbahnempfehlung an die Erziehungsberechtigten. Diese sei unverzichtbar, so die Meinung der Konservativen.

Der Ansatz der Gesamtschule ist ein anderer. Heranwachsende Menschen entwickelten sich und könnten ihre Begabungen früher oder später entfalten. Die Gesamtschule orientiert sich an einer Pädagogik, die die Entwicklung des Menschen in den Mittelpunkt stellt und ihm damit hilft, seine Begabungen zu entfalten. Weil man weiß, dass nicht alle Menschen gleich sind, werden in der Gesamtschule Differenzierungen vorgenommen. Nach Klasse 10 muss das Zeugnis einen besonderen Zensurenschnitt aufweisen, der die Eingangsvoraussetzung für die Oberstufe mit abschließendem Abitur ist. Nicht alle Schüler erreichen diese Voraussetzung.

Abitur auf dem Gymnasium und Abitur auf der Gesamtschule sind gleichwertig. Es gibt keine Unterschiede. Wer es dennoch etwas anders behauptet, sei auf die Bestimmungen zum Zentralabitur hingewiesen: Schüler in verschiedenen Schulformen bekommen dieselben Aufgaben, die anschließend von mindestens zwei Lehrkräften korrigiert werden. Zudem können Schulen auf Anweisung der Landesschulbehörde dazu aufgefordert werden, ihre Arbeiten untereinander -zur Einsicht und evtl. korrigierenden Bewertung- auszutauschen. Das betrifft die Schulformen Gymnasium, Gesamtschulen und Berufsschulen nicht nur einseitig, sondern auch in Mischform.

Gesamtschulen sind ein Renner. Die erste –die Friedensschule in Münster- wurde im Jahr 1972 von Bischof Heinrich Tenhumberg gegründet. Die Oldenburger Gesamtschulen sind überlaufen und können sich vor Neuanmeldungen kaum retten. Vor nicht langer Zeit wurde in Oldenburg eine neue Gesamtschule einrichtet. In der Bischofsstadt Münster ebenfalls. Aber diesmal keine kirchliche, sondern eine staatliche! Der diesjährige Deutsche Schulpreis 2015 ging an eine Gesamtschule, der Gesamtschule Barmen in Wuppertal. Die Kreisstadt Cloppenburg mit 34.000 Einwohnern wartet immer noch auf eine Gesamtschule! Eine Schulform, die bereits seit mehr als 40 Jahren möglich ist.

 

--> Endlich wieder: Abitur nach 13 Jahren!

Unter der CDU geführten Landesregierung wurde eine Schulzeitverkürzung an Gymnasien von neun auf acht Jahre eingeführt. Das Abitur konnte somit um ein ganzes Schuljahr eher gemacht werden. Der bildungspolitische Ansatz war ein wirtschaftlicher: Je eher ein potenzieller Arbeitnehmer mit seiner Ausbildung fertig ist, desto länger kann er später dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen. Das Abitur nach 8 Schuljahren heißt aber nicht nur, dass das Lernen um ein Jahr verkürzt wird, sondern auch, dass die Unterrichtszeit, also die Pflichtstundenzahl aller Jahre bis zum Abitur, gleich bleiben muss! Mit der Schulzeitverkürzung war demnach eine höhere Arbeitsbelastung aller Gymnasiasten verbunden. Nachmittagsunterricht wurde so zu Pflicht. Der Vormittag mit 6 Unterrichtsstunden bot nicht ausreichend Zeit. Pädagogen bemängelten, dass die neue Zeitstruktur die Schüler überfordere. Es sei nicht genügend Freizeit mehr vorhanden, damit die Kinder sich in ihrer Schulzeit angemessen entfalten können, war der Kern der Argumentation. Die Pädagogen kritisierten aber auch, dass in vielen Fächern eine Entrümpelung von Themen nie stattgefunden habe. Das sei Jahrzehnte nicht geschehen und es sei eigentlich selbstverständlich, die aktuelle Lebenswirklichkeit mehr in den Mittelpunkt des Unterrichts zu rücken.

Nach der Landtagswahl 2013 versprach die neu gewählte rot-grüne Landesregierung eine Strukturänderung. Die Lerninhalte wurden -wie bei jeder Schulgesetzesnovelle- ausgeklammert. Mit der Verabschiedung des neuen Schulgesetzes zum 1. August 2015 war die Schulzeitverlängerung beschlossen, die nun aktuell ab der 8. Klasse des Gymnasiums gilt. Die Schüler des heutigen 8. Jahrganges werden ihr Abitur in der Klassenstufe 13 machen. Eine Entrümpelung der Fachthemen (des Kerncurriculums) fand bis heute nicht statt.

Nun hat Niedersachsen wieder die alten Zustände: Abitur nach 13 Jahren! Ohne neue Lerninhalte! Doch der Osnabrücker CDU Parteitag am 5. September 2015 kündigt an, vieles vom neuen Schulgesetz wieder rückgängig mache zu wollen, z.B. das Dreigliedrige Schulsystem –Hauptschule, Realschule, Gymnasium- zu stärken, wenn sie –die CDU- die Landtagswahl 2017 für sich entscheiden würden. Mal abwarten, kann man nur dazu sagen.

Ein wichtiger Kritikpunkt an dem nun wiedereingeführten G 9 (Abitur nach 13 Schuljahren) darf nicht übersehen werden: Das SPD geführte Nordrhein-Westfalen behält weiter das Abitur nach 12 Jahren (G 8). Es ist also besonders für Arbeitnehmerfamilien deutlich schwieriger geworden, zwischen Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen umzuziehen. Die Kinder dieser Familien würden an ihrem neuen Wohnort nur mit vielen Schwierigkeiten den Anschluss in der Schule finden. Ob das so sein muss, darf bezweifelt werden.

 

--> Endlich keine Laufbahnempfehlungen an Grundschulen!

Mit oder ohne Laufbahnempfehlung: Der Elternwille ist bereits seit Jahren garantiert. Und wenn Eltern, deren Kind für die Hauptschule empfohlen wurde, zum Gymnasium schickten, war das formell kein Problem. Diese Kinder wurden aufgenommen. Doch mit der ungünstigen Empfehlung „Hauptschule“ oder „Realschule“ war dem Gymnasium eine gesonderte Regelung möglich! Die nicht für das Gymnasium empfohlenen Kinder konnten nach unzureichenden Leistungen bereits in den Klassenstufen 5 und 6 mit der Begründung abgeschult werden, dass sie keine ausdrückliche Schullaufbahnempfehlung für das Gymnasium hätten.

Mit dem neuen Schulgesetz fällt die offizielle Empfehlung zwar weg. Doch diese wird in einem intensiven Beratungsgespräch zwischen Lehrern und Eltern mündlich ausgesprochen. Gehen die Kinder anschließend zu weiterführenden Schulen, ist die Laufbahnempfehlung dennoch bekannt. Sie ist rekonstruierbar durch die Daten in der Personalakte der betroffenen Schüler. Der Wegfall der Empfehlung ist also bloße Makulatur. Wichtig ist nur, dass sich mögliche Abschulungsverfahren am Gymnasium nicht mehr auf eine konkrete Schullaufbahnempfehlung berufen können. Falls dennoch eine Schülerkarriere gegen den Willen der Eltern vorzeitig zu beenden wäre, müssten intensivste Fördermaßnahmen nachgewiesen werden. Diese Vorgabe brächte einen hohen Verwaltungsaufwand mit sich, den Schulen aufgrund des Fachkräftemangels nur unzureichend gewährleisten könnten. Nach dem neuen Schulgesetz werden also alle Schüler, die das Gymnasium besuchen, den gymnasialempfohlenen Schülern gleichgestellt. Nur das ist der eigentliche Kern der neuen Bestimmung.

Auf ein weiteres muss hingewiesen werden: Von den Kindern in der 5. Klasse, werden sehr viele nicht das Abitur am Gymnasium machen. Die Rückläuferquote, also die Schüler, die im Laufe ihrer Schulzeit, u.a. auch freiwillig, das Gymnasium wieder verlassen und auf die Realschule oder Hauptschule (Beide Formen sind inzwischen zu Oberschulen zusammengefasst) gehen, ist besorgniserregend. Die Schulleiter der Oberschulen können ein Lied davon singen! Der Misserfolg der durch eine Abschulung vom Gymnasium zum Ausdruck kommt, wird zur psychischen Belastung für die Kinder und Jugendlichen und verfolgt sie das gesamte Leben hindurch! Somit scheint es nicht verwunderlich, wenn noch im Erwachsenenalter eine ausgeprägte Angstreaktion in Form einer „Gymnasiallehrerphobie“ diagnostiziert werden kann.

Nach den Ergebnisseen einer Studie  für Soziologie und Sozialpsychologie von Stefanie Jähnen und Marcel Helbig (September 2015, Band 67, Heft 3, Seite 539-571) führt der freie Elternwille und die Abschaffung der Schullaufbahnempfehlung dazu, dass zwar mehr Kinder das Gymnasium besuchen, aber die soziale Ungleichheit dort nicht zunimmt. Damit wurde die bisherige Annahme widerlegt, dass Kinder aus höheren sozialen Schichten beim Zugang zum Gymnasium bevorteilt sind. Folglich sind Kinder aus niedrigen sozialen Schichten auch nicht besser gestellt. Das Verhältnis zwischen beiden sozialen Schichten ist demnach unverändert geblieben.

Mit dem absoluten Elternwillen wird das Ziel der Bildungsgerechtigkeit bzw. der Chancengleichheit also nicht erreicht. Diese wird weiterhin ein Problemfeld im Deutschen Bildungssystem darstellen. Forscher meinen, dass die mangelnde Chancengerechtigkeit die größte Baustelle im deutschen Bildungssystem bleibt, auch wenn es sehr langsame Fortschritte zu vermelden gibt.

 

Und nun?

Ob das neue Schulgesetzt hält, was es verspricht, muss die Zukunft zeigen. Theorie und Praxis unterscheiden sich erfahrungsgemäß deutlich voneinander. Kritische Anmerkungen zum neuen Schulgesetzt müssen ernst genommen werden. Es gibt einen Bedarf an nachträglichen Regelungen für unzumutbare Härten und nicht eintretenden Erwartungen.

Der Konkurrenzkampf zwischen Gymnasium und Gesamtschule muss aufhören. Ebenso der zwischen Gymnasium und dem gymnasialen Zweig der Berufsschulen. Dem Elternwillen sollen Alternativen gegenüberstehen, um Entscheidungen verantwortlich fällen zu können. Die Elemente der Vielfalt müssen sich durch Transparenz unterscheiden lassen. Diese Maxime offenbart die Natur der Vielfalt! Die Eltern werden somit aufgefordert, detaillierte Informationen einzuholen, die sie am besten bei unabhängigen Fachleuten suchen sollten. Querulanten, Hobbyexperten und Lobbyisten sollte konsequent die rote Karte gezeigt werden.

Abschließend soll daran erinnert werden, dass mit Hilfe des Bürgermeisters, einiger Mitgliedern des Stadtrates und der Verwaltung unter Anleitung von Experten Zukunftsvisionen entwickelt wurden, die die Stadt Cloppenburg voranbringen sollen. Die Ergebnisse sind in der STADTKONZEPTION 2025 festgehalten und laut Ratsbeschluss zustimmend zur Kenntnis genommen worden. Leider ist –wie in der Vergangenheit- auch heute wieder festzustellen, dass es mit Konzeptionen nicht gut bestellt ist.

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Teuer erstellte Papiere verschwinden in der Schublade des politischen Alltags, werden vergessen oder einfach ignoriert, wenn es eben passt. Das scheint das besondere Phänomen des politischen Gebarens in Cloppenburg zu sein! Also nichts anderes als eine Täuschung der Bürger. Es wird höchste Zeit, ein nachhaltiges Umdenken einzufordern, wenn Cloppenburg eine Stadt bleiben soll, der eine angenehme, attraktive oder fortschrittliche Note anhaften möge!