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Nichts Halbes - nichts Ganzes

 

Straßenausbaubeiträge

 

„20 Prozent auf Alles!“

 

HFB-23-06-25

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Das Thema Abschaffung der wiederkehrenden Straßenausbaugebühren ist so abgedroschen, dass sie der Rede nicht wert ist. Nunmehr hat die Cloppenburger Politik eine neue Variante ins Spiel gebracht. Sie heißt: „Nichts Halbes und nichts Ganzes“, nach dem Motto „20 Prozent auf Alles“ unter der modifizierten Vorlage „Nicht alles kann raus!“ Demzufolge hat Rat der Stadt Cloppenburg in seiner Sitzung am 26. Juni 2023 beschlossen, die Straßenausbaugebühren nicht ganz abzuschaffen, sondern laut Münsterländischer Tageszeitung um 20 Prozent zu senken. Begleitet von fragwürdigen Argumenten, die bezüglich ihrer Alternativlosigkeit nicht überboten werden können. Egal ob 20, 30 oder 50 Prozent: Immer dann, wenn eine kleine Gruppe von Bürger*innen für etwas alleine zahlen muss, was vorwiegend der Allgemeinheit zugutekommt, dann hinkt die Politik dem öffentlichem Rechtsempfinden gefährlich weit hinterher.

 

Rückblick

Über die die Abschaffung der wiederkehrenden Straßenausbaugebühren wurde schon seit geraumer Zeit gesprochen. In Einzelgesprächen zwischen den Damen und Herren des Cloppenburger Rates war man sich stets einig, dass zu diesem Thema etwas passieren musste. Die Niedersächsische FDP hatte die Abschaffung der Straßenausbaugebühren sogar zur Ihrem Wahlkampfthema gemacht. (01) Doch bis zum Jahr 2021 kam es zu keiner offiziellen Debatte im Rat der Stadt Cloppenburg. Eine Initiative des Vertreters der FDP blieb ganz aus. Stattdessen verbandelte er sich  mit der CDU-Fraktion. (02) Sein Lohn war ein angesehener Posten im Rat der Stadt Cloppenburg.

So stellte die Initiative Bürgerbündnis Cloppenburg (IBC) am 27.04.2021 den Antrag, wiederkehrende Straßenausbaugebühren in der Stadt Cloppenburg ganz abzuschaffen. (03) Was aber dann passierte, glich einem Kindergarten mit erwachsener Besetzung. Gerade weil die Cloppenburger Politik die wirklichen Sorgen der Bürgerinnen und Bürger erfahrungsgemäß völlig ausblendet und nicht sonderlich interessiert, fand sich der Antrag erst gar nicht auf der Tagesordnung des zuständigen Bau- und Verkehrsausschusses wieder. Die Bitte, das Anliegen nach dem Vorbild der Politik in Vechta (04) nunmehr doch öffentlich zu verhandeln, wurde u.a. von der CDU-Schöer- und der SPD-Höffmann-Fraktion kategorisch abgelehnt. Demzufolge sollte am 7. Juni 2021 über den Antrag debattiert werden. Im streng vertraulich tagenden Verwaltungsausschuss der Stadt Cloppenburg. Hinter verschlossenen Türen. Das lies nichts Gutes erahnen. Ein Ignorant der, der in diesem Fall nicht die quietschenden Geigen im Hintergrund hörte.

Und derweil schien die Zukunft bereits festzustehen. Die Cloppenburger Satzung über die Anliegerbeiträge sollte nicht abgeschafft werden. Um das Anliegen nicht als Wahlkampfthema 2021 präsentieren zu müssen, wurde die Entscheidung auf einen Termin nach der Kommunalwahl verschoben. Der neu gewählte Rat solle entscheiden, hieß es dann auch. So kam es dann in der folgenden Ratssitzung. Die Fraktionen schwiegen und stimmten gegen den Antrag der IBC. Gleichzeitig beschlossen sie, einen Arbeitskreis dafür einzurichten, um die finanziellen Möglichkeiten eines Rabattes auszuloten.

Nun war der Sack zu und die Cloppenburger Politik brauchte die Zustimmung der Cloppenburger Wähler*innen nicht mehr. Bis nach der Kommunalwahl erhob man weitere Jahre Straßenausbaugebühren, als sei nichts geschehen. Nunmehr steht fest, dass Prognose im Jahr 2021 genau zutreffend war. Eine 100-prozentige Abschaffung der wiederkehrenden Straßenausbaugebühren sollte und durfte es trotz massiver Widerstände von Anliegern nicht geben.

Im Jahr 2023 flammte Thema erneut auf. Schließlich werden z.B. Emsteker Straße, Osterstraße (mal wieder) und Mühlenstraße saniert. (05) Einige der Anlieger tragen aktuell eine besondere Last. Proteste und verwaltungsrechtliche Schritte blieben somit nicht aus. Im März 2023 folgte eine Stellungnahme der GRÜNE-UWG-Gruppe, die angab, Anlieger bei der Erhebung von Straßenausbaubeiträgen deutlich entlasten zu wollen. Die Gruppe schlug dafür eine Reihe von Maßnahmen vor, da ein voller Verzicht auf die Beiträge „angesichts der schwierigen Haushaltslage“ nicht vertretbar sei. Dass Beschlussvorschläge der Fachausschüsse zur Vermeidung des vollen Verzichts auf die Beiträge dann reichlich komplex ausfielen, war zu erwarten.

 

An der Realität vorbei

Damit sind nun alle Wege geebnet, um ein weiteres und wenig effektives Bürokratiemonster in Cloppenburg zu schaffen. Dazu kommt es immer dann, wenn politisch klare Linien ausbleiben. (06) Das Schema folgt einer politischen Gesetzmäßigkeit, sobald nichts Halbes und nichts Ganzes beschlossen wird. Nun steuert Cloppenburg auf ein weiteres ineffizientes und unökonomisches Ziel zu. Es reiht sich nahtlos ein in das polit-medial überdehnte Hochglanzthema „Cloppenburg auf dem Weg zur Fahrradstadt“, welches sich durch desolate Situation in der Kirchhofstraße bereits genauso erledig hat (07) wie das der Geschwindigkeitsbegrenzungen im städtischen Bereich, die -– wo man auch hinschaut – tagtäglich in den Wind geschrieben werden. Last not least sollen nun auch Straßennamen auf nationalsozialistische Altlasten geprüft werden. (08) Hierbei bemerken die Initiatoren des Antrages nicht, dass ihre politische Initiative zu einem Fass ohne Boden werden könnte, das im schlimmsten Fall auch verdiente Klerikale mitreißen würde. Denn zur Zeit des Nationalsozialismus wurden hohe Ämter stets an die vergeben, die als treue Diener des Systems eingestuft waren. (09) Der Antrag der SPD weist implizit auf diesen Umstand hin. Die Liste dieser politischen Hochglanzthemen könnte noch länger sein. Sie zeigt, dass die irrealen Züge der Cloppenburger Politik unübertroffen bleiben.

 

Missverhältnis zwischen Politik und Bürgerwillen

Inzwischen ist der Ton rauer geworden. Mehr und mehr Bürger*innen jeglicher Couleur machen zu vielen aktuellen Anlässen den Mund auf und monieren die politisch hausgemachten Zustände, die durch fragwürdige Meinungsbildungsprozesse in den Mittelpunkt der bundesrepublikanischen Politik geraten sind. Ob zur Inflation, Stagnation und Rezession, zum geplanten Heizungsgesetz, welches bei den Bürger*innen als Enteignungsgesetz ankommt, zum Krieg in der Ukraine und dem damit verbundenen Luftlandemanöver Defender 2023 sowie dem aktuellen Wohnungs- und Bildungsnotstand. Die Unzufriedenheit könnte nicht größer sein. Verbunden damit die Verschiebung der politischen Kräfteverhältnisse hin zur Stärkung der AfD, (10) die dann von polit-medialen Kritikern an der AfD selbst abgearbeitet wird, ohne zu merken, dass es sich um ein Symptom und nicht um eine Ursache handelt.

Dass Missverhältnis zwischen Politik und Bürgerwillen äußert sich weiterhin in einer speziellen Extraeinlage dadurch, dass in den öffentlich rechtlichen Medien, aber auch in den örtlichen Tageszeitungen, mehr und mehr von sogenannten Corona- und Klimaleugnern, von Putin-Verstehern und Verschwörungstheoretikern sowie von politisch und menschlich deformierten Personalien, wie z.B. Donald Trump. Alexander Lukaschenko oder Kim Jong-un die Rede ist.

Die Pflege der Feindbilder befindet sich aktuell auf einem Höhenflug. Auch auf lokaler Ebene. So fühlt sich ein gewichtiger Teil der hiesigen Bevölkerung politisch erst gar nicht vertreten. Das hinsichtlich ihrer Wünsche, ihrer Grundhaltungen und vor allem ihres Weltbildes. (11) Ein ignorierter Anspruch, der durch das Grundgesetz eigentlich gedeckt sein sollte. Dennoch untermauern elitäre Kommentare ohne Hintergrundwissen all diese globalen und lokalen Feindbilder umso heftiger. In Form einer polit-medialen Reaktion, die aufgrund der fortschreitenden kognitiven Dissonanz mehr und mehr Hohlphrasen hervorbringt, um sich letztendlich selbst durch die immerwährenden Beschimpfungen zur Bedeutungslosigkeit zu degradieren. Denn alle diese polit-medialen Hohlphrasen-Kaiser sind nackt. In ihren vielen etikettierten Schubladen ist nichts drin. Wie das Finale dieser gedankenlos aufsteigenden Spirale aussehen könnte, mag sich keiner vorstellen.

In diesem Kontext versteht sich die berechtigte Kritik an den Straßenausbaugebühren. Diese macht der Cloppenburger Politik wie auch ihrer Verwaltung zunehmend zu schaffen. Denn ihre politische Autorität ist bereits derart verspielt, dass sie sich bedenklich dem Nullpunkt nähert. So ergreift die Cloppenburger Politik die Flucht nach vorn und argumentiert erst einmal, was sie zum Antrag der IBC im Jahre 2021 erst gar nicht tun wollte. Bekanntermaßen hüllte sie sich im Jahr 2021 noch in lautstarkes Schweigen. Gefangen im singulären Zustand eines politischen Meinungsbildungsprozesses. Nun aber, im Jahr 2023, versucht sie es mit sogenannten alternativlosen, unantastbaren und äußerst schrägen Argumenten zum brisanten Hochglanzthema „Abschaffung der Straßenausgebühren“. Mit drohendem Gebaren, als hätte sie gegenüber den Cloppenburger Bürger*innen die Weisheit mit Löffeln gefressen.

 

Rabattschlacht im Rathaus

20 Prozent! Das ist der relative Wert, mit dem die Cloppenburger Bürger*innen hinsichtlich der Straßenausbaugebühren entlastet werden sollen. Der „Straßenausbau wird (…) günstiger“, medial begleitet mit dem Zusatz: „Anlieger (…) dürfen sich freuen“. heißt der politische Verkaufsschlager nunmehr. Angefügt das Bonbon „rückwirkend“. „Anlieger zum Beispiel der Emsteker Straße (12) dürften sich also über niedrigere Beiträge freuen“, heißt es sogleich.

 

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(13)

Das alles ist aus der Not so formuliert. Schließlich sind  die aktuell betroffenen Anlieger bereits hart mit der Cloppenburger Verwaltung ins Gericht gegangen und bleiben auch weiter damit am Ball. (14) Mit Argumenten, die es in sich haben und bereits im Antrag der IBC genannt wurden. (15)

Jeder aber sollte sich fragen, warum es gerade 20 Prozent sein müssen, mit der die Entlastung festgelegt wird. Wo bleiben die Argumente, der genau für 20 Prozent Rabatt spricht? Warum kann es nicht weniger - z.B. 10 - sein? Denn die aktuelle lage des Cloppenburger Haushalts gibt wenig her, um auf Einnahmen wie die Gebühren für den Straßenausbau zu verzichten. Da wären z.B. die verschwiegenen Preissteigerungen bei der Rathaussanierung und die energetischen Betriebskosten der gleichzeitig miteingeplanten Klimaanlagen, die bekanntlich ungeheuren Mengen des mittlerweile sehr teuer gewordenen elektrischen Stroms fressen. (16) Warum kann die relative Ermäßigung der Anliegerausbaubeiträge nicht höher- z.B. 30, 40 oder 50 - ausfallen? Warum ist eine runde Zahl 20 genannt? Wo bleiben die Argumente, dass detailliertere Zahlen –wie z.B. 21, 34, oder auch 50,05 - zur Ermäßigung der Anliegerausbaubeiträge ökonomisch nicht deutlich effizienter sind?

Nein, Argumente dieser Art sind in den Pressemittteilungen der Stadt Cloppenburg und den Presseberichten der örtlichen Tageszeitungen überhaupt nicht zu finden. Solche Angaben sucht man vergeblich. Anscheinend hat man sich auf die Zahl 20 fest eingeschworen. Reingewaschen durch die Werbung, die mit ihrem Slogan, „20 % auf alles“, vor allem in den Köpfen der Lokalpolitik den Gerinnungsfaktor bis zum maximalen Härtegrad hat hochfahren können. Herzlichen Glückwunsch also: Die Ausdauer hat sich gelohnt und die 20 % sind „nachhaltig“ im Cloppenburger Rathaus angekommen. Nach dem Muster der kognitiven Zuordnung, die eigentlich auf einen bestimmten Bezugspunkt – nämlich auf die Ermäßigung von Gebühren - gerichtet ist, diesen aber auf einen anderen – auf die Popularität eines Werbeslogans.- verschiebt. Damit wird jede feindifferenzierte Abwägung hinfällig und es muss auch keine überzeugende Begründung erfolgen. Der Kleingeist der Marktwerbung macht es möglich.

 

Große Freude?

Nun findet „am Montag, dem 26.06.2023, 16 Uhr, (…) im Ratssaal des Rathauses in Cloppenburg eine öffentliche Sitzung des Rates der Stadt Cloppenburg (…) statt“, so die Information in der Bekanntmachung vom 14.06.2023. (17) Unter dem Tagesordnungspunkt 29 - zur fortgeschrittenen Stunde also - wird letztendlich über die „Neufassung der Straßenausbaubeitragssatzung in der Stadt Cloppenburg“ entschieden. Zuvor hatte sich der Wirtschaftsausschuss mit deutlicher Mehrheit für eine Ermäßigung um 20 Prozent  ausgesprochen. Und die Heilsbotschaft heißt: Man wolle „(…) die Straßenausbaubeiträge (Strabs) in der Stadt Cloppenburg (…) senken und Anlieger so (…) entlasten. (…) Eckgrundstücksbesitzer sollen darüber hinaus entlastet werden. Zudem sollen Anlieger die Beiträge künftig in Form einer niedrigen Rente zahlen können“. Na denn: „Die Furcht des Herrn ist der Anfang der Erkenntnis“. (18) Ob die „Anlieger (…) sich [über all das wirklich] freuen dürfen“, (19) ist mittlerweile keine unbeantwortete Frage mehr. Wenn das anders wäre, müsste z.B. der Tagesordnungspunkt nicht zu so einer späten Stunde liegen, in der sich die Öffentlichkeit in der Regel zurückgezogen hat. Schließlich beginnt am nächsten Morgen wieder ein Arbeitstag.

 

Schräge Argumente

Wenn die Anliegerbeiträge demnächst um 20 Prozent niedriger ausfallen, „(…) rechnet die Verwaltung von 2023 bis 2026 noch mit 1,78 Millionen Euro an Beitragszahlungen, statt wie bisher mit 3,54 Millionen Euro“. So zumindest fasst die Pressemitteilung den bevorstehenden Zahlungsausfall zusammen, ohne dabei zu berücksichtigen, dass 20 Prozent von 3,54 Millionen Euro nach Adam Riese gerundet 0,71 Millionen Euro ausmachen. Somit wären noch 2,83 Millionen Einnahmen garantiert. Anscheinend sind alte und neue Zahlen vertauscht. Stimmig ist der Hinweis der Verwaltung also nicht.

„(…) bei einer Senkung aber ist noch strittig, wie die Stadt das finanzieren soll. (…) Die CDU-FDPZentrum-Gruppe betont weiterhin, die Reduzierung der Strabs solle nicht gegenfinanziert werden. „Ein städtischer Ergebnishaushalt mit einem jährlichen Volumen von 87 Millionen muss das verkraften können", sagte Abromeit. (…) Wie bereits berichtet, sprechen sich alle Fraktionen dafür aus, die Anlieger mit Blick auf die Strabs zu entlasten“. Dass die Fraktionen hier aber über eine Entlastung in unverrückbarer Höhe von 20 Prozent sprechen, fällt in der Pressemitteilung unter den Tisch. Auch die FDP hat für diese 20 Prozent gestimmt! Ihr Vertreter fügt aber hinzu, dass die FDP allerdings [weiterhin] fordert (…), die Strabs komplett abzuschaffen (…). Zwar sei die nun angestrebte Senkung ein „erster Schritt in die richtige Richtung". Bis zum Ende der Legislaturperiode werde seine Partei aber darauf drängen, die Beiträge zu streichen“. Leider hat der FDP-Vertreter, Ratsherr Jörg Abromeit, übersehen, dass er mit seiner Zustimmung zur 20-Prozent- Reduzierung ein Provisorium kreiert. Denn er weiß immer noch nicht, dass in Cloppenburg die folgende Regel von absoluter Nachhaltigkeit geprägt ist: „Einmal Provisorium immer Provisorium“. Das sollte aber zumindest der langjährige CDU-Server der FDP, der derzeitige Ratsvorsitzende Yilmaz Mutlu, wissen. Ihm scheint FDP-Landesprogramm (20) trotz vollmundiger Versprechungen völlig an den Ohren vorbeigegangen zu sein.

 

Bist Du nicht willig, so brauch ich Gewalt

Nach Meinung der Stadtverwaltung, die stets im Namen des Cloppenburger CDU-Bürgermeisters, Neidhard Varnhorn, spricht, muss die Bürgerentlastung gegenfinanziert werden. Und diese Gegenfinanzierung kann nur als eine Art Kollektivstrafe angesehen werden. Auch für alle Bürger*innen, die sonst nichts mit den Straßenausbaubeiträgen zu tun haben: Die „Stadt schlägt eine Erhöhung der Grundsteuer vor“. Dieser Hinweis ist bereits seit Jahren eine nachhaltige Drohkulisse und zielt zudem auf diejenigen, die zur Miete wohnen. Denn auch die Höhe der Mieten ist von der Höhe der Grundsteuer B abhängig. Leider wird unterschlagen, dass in den vergangenen Jahren schon immer Mieter betroffen waren, deren Straßen saniert wurden. Bekanntermaßen fielen auch dort Straßenausbaubeiträge an, die durch Mieterhöhungen auf die Bewohner verteilt wurden. Von letzterem Sachverhalt war weder von der Politik noch von der Lokalpresse etwas zu hören. Somit ist der Hinweis des Bürgermeisters unseriös, erst nach der allgemeinen Reduzierung um 20 Prozent der Straßenausbaubeiträge seien auch Mieter betroffen.

Aber dennoch plädiert der Sozialdemokrat, Frank Teschner, dafür, „die Grundsteuer moderat auf den durchschnittlichen Hebesatz im Landkreis zu erhöhen. Das sei zumutbar, sagt er“. Aufgrund der akuten Not um bezahlbaren Wohnraum hätte man gerade von einem Sozialdemokraten, aber auch von den übrigen Fraktionsmitgliedern, deutlich mehr Realitätssinn erwarten dürfen. Gut möglich „ist nach Ansicht der Stadt [und nicht nur der] etwa, den Hebesatz der Grundsteuer von derzeit 330 Prozent auf 358 Prozent zu erhöhen. Dadurch würden die Fehlbeträge gedeckt“. Auch hier wird verschwiegen, dass sich die Kostenstrukturen der Straßensanierungen stets ändern können. Und was die gegenwärtige Inflationsabhängigkeit und ihrer zukünftigen Einwicklung, auch die der Straßenausbaumaßnahmen, betrifft, so schweigt man sich über die Möglichkeit weiterer Steuererhöhungen geflissentlich aus, denn es heißt allgemein: „Zudem müsse man über weitere Finanzierungsquellen nachdenken“. Das kann nur heißen: Die Steuern sowie  Gebühren, z.B. Parkgebühren, werden weiter steigen. Die eigenwillige Drohgebärde der politischen Vertreter könnte nicht wirkungsvoller sein. Das ist ungeheuerlich.

 

Schwarze Null als abgedroschene Nullnummer

Aus alle dem geht hervor: Eine wirkliche finanzielle Entlastung der Cloppenburger Bürger*innen ist gar nicht gewollt. Denn Sparen will man nicht. Gegenteilige Bekenntnisse – besonders die in den jährlichen Haushaltspanberatungen – sind ausschließlich Wortgeklingel, um den angeschlagenen Ruf der Cloppenburger Politik mal wieder zu polieren.

Fraglich bleibt stets, ob sich alle Ratsvertreter auch wirklich mit dem städtischen Haushalt beschäftigt haben, bevor der Haushaltsplanentwurf zur folgeträchtigen Abstimmung kommt. Die demonstrierte Einigkeit in den Cloppenburger Fraktionen hinterlässt einen merkwürdigen Eindruck. In persönlichen Gesprächen halten viele Argumente den Fakten nicht stand. Das aber scheint keinen zu stören. Vielleicht sogar deswegen wurde bis zum Jahr 2020 noch regelmäßig folgendes im Haushaltsplan vermerkt: „Besonders hervorzuheben ist die Vielzahl an Investitionsmaßnahmen, welche nicht nur direkt den Finanzhaushalt belasten, sondern gleichermaßen Einfluss auf den Ergebnishaushalt nehmen. Gleiches gilt für neue freiwillige Leistungen. Demnach sollten alle freiwilligen Leistungen der Stadt Cloppenburg und jede neue freiwillige Leistung sowie alle neuen Projekte mit erheblichen Belastungen und Folgekosten auf absolute Notwendigkeit hin überprüft werden“. (21)

Wurden im Haushaltsplan für das Jahr 2020 noch Einsparungsmaßnahmen genannt, so ist man später dazu übergangen, einen städtischen Haushalt zu beschließen, der mehr Ausgaben vorsah als es die Einnahmen zuließen. Demonstrativer kann das Missverhältnis zur „Schwarzen Null“ nicht ausfallen. Sogleich wird deutlich, wo die Gegenfinanzierung der Straßenausbaugebühren zu verorten ist. Sie kann nur erfolgenden, indem „Freiwillige Leistungen“ deutlich reduziert werden. Sie werden aber deshalb nicht reduziert, weil man den Wählerklientel exklusiv bedienen möchte. Auf Kosten der Steuer- und Gebührenzahler.

„Freiwillige Ausgaben“ sind keine Fehlinvestitionen, aber aufgrund ihrer üppigen Steigerungen dennoch zu hinterfragen. Das betrifft z.B. die Fördergelder für Sportvereine, (22) deren baulichen Einrichtungen und Kunstrasenplätze, (23) für privaten Investitionen in Balkonkraftwerke (24) oder für themenbezogene Projekte, wie z.B. das elitäre Nachhaltigkeitsprojekt. (25) Man verspricht Finanzmittel aus den Vollen, welches von Jahr zu Jahr immer üppiger ausfällt, weil vor den Kommunalwahlen alle Fraktion meinen, dann besonders viele Stimmen zu bekommen. Also: „Freibier für alle“. Der unausgeglichene Haushalt 2023 der Stadt Cloppenburg zeigt, dass das Maß an „Freiwilligen Leistungen“ seinen Höhepunkt erreicht hat. Zusätzlich unterstützt durch den bedingungslosen Teilerhalt von Straßenausbaubeiträgen, die die betroffenen Anlieger zu entrichten haben. Ob diese einflussreichen Zusammenhänge bei allen Ratsmitgliedern wirklich angekommen sind, ist zu bezweifeln.

 

Es geht auch zielstrebiger

Der Vechtaer Bürgermeisterkandidat, Kristian Kater (SPD), schaffte das, was in Cloppenburg anscheinend nicht möglich ist: Veni, vidi, vici! Ich kam, ich sah, ich siegte! Geradlinig bis ins Rathaus. Ohne Bastellösungen. Nicht mit halben, sondern mit ganzen Sachen: U.a. mit dem politischen Versprechen, die Straßenausbaubeträge für immer zu streichen. Ohne Gegenfinanzierung. Von so einem Glück können die Cloppenburger Bürger*innen nur träumen. Denn das, was unter Bürgermeister Dr. Wolfgang Wiese (CDU,) in vielen Dingen der politische Alltag war, wird nach der Neuwahl des Bürgermeisters, Neidhard Varnhorn (CDU), nun fortgesetzt: Die Politik der nicht einmal „halben Sachen“. Ein wenig hiervon, ein wenig davon. So ca. 0 bis 20 Prozent! Media Markt lässt grüßen. (26) Das soll – auch ohne örtlichen Mediamarkt (27) - weiterhin das finanzpolitische Mantra der Stadt Cloppenburg sein. Zumindest hätte man auf diese Weise den Anschein gewahrt, alles das zu bedienen, was sich so anbietet.

In der aktuellen Debatte über Reduzierung der Straßenausbaugebühren heißt es zwischen den Zeilen: „20 % für alle“, rückwirkend mit dem Angebot einer Abschlagsrente nicht nur für die auf Eckgrundstücken hochbelasteten Anlieger. Mit der Gegenfinanzierung „Steuern rauf“. Unterstützt von der Cloppenburger FDP!!! Zunächst einmal „provisorisch“ bis zur Kommunalwahl 2026, wie die es dem naiven Glauben der FDP-Booster entspringt. Danach soll alles besser werden! Genau das ist die Bastellösung, der der Stadt Vechta unter ihrem SPD-Bürgermeister, Kristian Kater (SPD), erspart blieb. Die Cloppenburger Politik muss sich mal wieder sagen lassen: Wo kein Wille, da gibt es auch nix zu loben.

Weiter so? Cui bono?

 

Quellen 20% auf alles